Das Jahr 1995 war ein Jubiläumsjahr, die 2. Republik wurde 50 Jahre
alt, den Staatsvertrag gibt es seit 41 Jahren. Doch werfen wir zuerst einen
Blick auf die jüngere Geschichte unseres Landes. Mit dem Ende des
1. Weltkrieges und dem damit verbundenen Zusammenbruch der habsburgischen
Doppelmonarchie entstand aufgrund des Friedensvertrags von St. Germain
die 1. Republik Österreich in ihren heutigen Grenzen. Doch die Geburt
Österreichs war keine Wunschgeburt. Sowohl die damaligen Politiker,
vor allem die Sozialdemokraten Karl Renner und Otto Bauer, wollten den
Anschluß Deutschösterreichs, so nannte sich die Republik in
ihren ersten Jahren, an Deutschland, das kein kaiserliches Deutschland
war, Deutschland war ebenfalls Republik („Weimarer Republik“). Fast alle
österreichischen Politiker, wie auch ein großer Teil der Bevölkerung
waren der Meinung, daß das kleine Österreich mit dem „Wasserkopf“
Wien ökonomisch nicht lebensfähig sei. Nur das klare Nein der
Alliierten (Siegermächte) verhinderte den Anschluß an Deutschland,
so blieb es bei der 1. Republik. Mit unsicheren Schritten begann der Lebensweg
der Republik, der allerdings kein langer sein sollte. Die Sozialdemokratie
war die dominierende politische Kraft, vor allem in Wien. Mit den ersten
Jahren sozialdemokratischer Regierung und unter sozialdemokratischer Verwaltung
der großen Städte, gab es so etwas wie eine sozialdemokratische
Entwicklung, ein fortschrittliches Arbeitsrecht, die Schaffung von Arbeiterkammern,
es verbesserte sich die Lage der arbeitenden Menschen. In Wien war es vor
allem der soziale Wohnungsbau, der den Begriff „Rotes Wien“ prägte.
Mit diesem roten, sozialen Wien verbinden sich die Namen von Sozialpolitikern
wie Breitner und Tandler. Doch das erwachende Kapital, die reaktionären
Kräfte, setzten zum Gegenangriff an, die Sozialdemokratie wich Schritt
um Schritt zurück, das war die Ermunterung für die Reaktion,
der Republik das Lebenslicht auszublasen. Im Donner der Kanonen der Dollfußregierung
hörte die 1. Republik auf zu bestehen. Was folgte, war der Ständestaat
faschistischer Prägung, einhergehend mit der Verelendung der Massen
(600.000 Arbeitslose!!). Dieser Weg führte direkt zum Untergang Österreichs,
zum gewaltsamen Anschluß an Hitler-Deutschland. Aus Österreich
war die Ostmark geworden, allerdings unter tatkräftiger Mithilfe der
5. Kolonne der österreichischen Nazis. Und der 2.Weltkrieg stand vor
der Tür.
Nicht lange währte die Friedenszeit der Ostmark, nach eineinhalb
Jahren Ostmark entfesselte Hitler den 2. Weltkrieg, das größte
Sterben aller Zeiten begann. Und die Ostmark war ein aktiver Teil der Nazikriegsmaschinerie.
Soldaten der Ostmark zogen genauso wie die „Altreich“-Soldaten eine Blutspur
durch Europa. Die ostmärkischen Waffen-SSler waren ein relevanter
Teil der Landräuberarmee Nazideutschlands. Österreich war zwar
auch Opfer, aber in höchstem Maße auch Täter. Aus Österreich
stammen überproportional viele Kriegsverbrecher, die Kaltenbrunners
und Eichmanns. Die Nazipartei hatte in einigen Gauen der Ostmark die höchste
Dichte der Naziparteimitgliedschaft. Mit dem Jahr 1945 fand die Nacht der
langen braunen Messer ein Ende. Nazi-Deutschland war durch die Antihitlerkoalition,
die vier Großmächte, niedergerungen worden. Großen Anteil
am Sieg über Hitler-Deutschland hatten die WiderstandskämpferInnen
und PartisanInnen der von Deutschland besetzten Länder, allen voran
Jugoslawien. Die Niederlage Hitler-Deutschlands war Österreichs Sieg,
darauf gründet sich die 2. Republik, das ist die historische Wahrheit.
In diesem Zusammenhang soll auf die „Moskauer Deklaration“ der vier Großmächte
vom Jahr 1943 hingewiesen werden, wo es heißt, daß Österreich
in den Grenzen von 1938 wiedererstehen soll, allerdings muß Österreich
einen Beitrag zu seiner Befreiung von der Naziherrschaft leisten. Diesen
Beitrag hat Österreich mit seinen WiderstandskämpferInnen geleistet
und so kam Österreich zum Staatsvertrag vor 42 Jahren, der unserem
Land die volle Freiheit und Unabhängigkeit brachte. Herzstück
des Staatsvertrags ist die immerwährende Neutralität, mit der
Österreich gut gefahren ist.
Schwer waren die ersten Jahre der 2. Republik, das Land war kahlgefressen,
es lag in Schutt und Trümmern. Mit aufgekrempelten Ärmeln und
wenig Kalorien wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und es ging aufwärts,
so daß sich das Land bis vor einigen Jahren mit relativ guten Wirtschaftsdaten,
gutem Sozialnetz und weltweitem Ansehen zeigen konnte.
Heute allerdings befindet sich die 2. Republik im Rückwärtsgang,
die Neutralität ist in Gefahr, das soziale Netz brüchig geworden,
braune Flecken sind unübersehbar und das sogenannte „Sparpaket“ auf
Kosten der arbeitenden Menschen und der sozial Schwachen sind Alarmsignale.
Insgesamt soll die 2. Republik verschwinden, eine 3. Republik mit einem
Führer Jörg Haider soll folgen. Damit sind alle demokratischen
und republikanisch gesinnten Menschen, alle mit der sozialen Intention,
aufgerufen, die 2. Republik, die Demokratie zu verteidigen. Was Wien betrifft,
soll die Verteidigung bzw. Erneuerung eines roten Wien einbezogen werden.
Die finsteren Kräfte des Kapitals und der Haiderpartei dürfen
nicht durchkommen.
Mit Antifaschistischen Grüßen
Johann Anthofer
(spartakistischer Widerstandskämpfer gegen Hitler; Anm. d. Red.)