Rechtsanwältin Ingeborg Muhler
Mannheim
Staatsanwaltschaft Karlsruhe
Akademiestraße 6-8
76133 Karlsruhe
Betr.: | Strafermittlungsverfahren gegen Frau OStAin Katrin Nix, Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wegen falscher Verdächtigung u.a. im Zusammenhang unserer Strafanzeige gegen die Hamburger Konkret Literatur Verlags GmbH |
Bezug: | Unsere Strafanzeige vom 1. Dezember 2000, Begründung vom 20.2.2001 |
Hier: | Weitere Begründung |
Aktenzeichen: | wurde trotz mehrfacher Anfrage von der Staatsanwaltschaft bisher noch nicht mitgeteilt |
Einleitend:
Zu unserer Straf- und Zivilsache gegen die Firma KONKRET bei der Hamburger Justiz sind inzwischen neue sachrelevante Gesichtspunkte hinzugekommen. Durch Publikation erweislich falscher Tatsachen über den Herrn Außenminister Fischer hat KONKRET einmal mehr unter Beweis gestellt, politische Interessen zu verfolgen und Positionen zu begünstigen, die eindeutig rechte und ultrarechte sind. Dies wird auch im Ausland mit Besorgnis wahrgenommen.
Schon vor Jahresfrist hatten wir die Hamburger Justiz und KONKRET dringend gewarnt, die Falschbehauptungen in dem hier in Rede stehenden KONKRET-Druckerzeugnis unkorrigiert weiterzupublizieren, ausdrücklich: ne quid detrimenti capiat res publica. Dieser Fall ist eingetreten.
Die Hamburger Justiz hatte ausdrücklich zugegeben und eingeräumt, daß das von uns inkriminierte Druckerzeugnis die von uns inkriminierten schadenslastigen Falschbehauptungen enthält, uns jedoch versuchsweise dahingehend belehrt, dies habe insoweit seine Ordnung, als die Grenzen zur Strafbarkeit nicht gebrochen seien, kurz: Falschbehauptungen, nur sozusagen vom Gesetzgeber verboten, seien eben gerade nicht verboten, wenn dies einer Hamburger Staatsanwaltschaft eben gerade so und nicht anders beliebt. Herr Bundesaußenminister Fischer, als Mitglied des Parlaments, ist bei denjenigen dabei, welche die Gesetze machen. Eine andere Justiz, nämlich die Frankfurter und nicht die Hamburger, ist derzeit mit ihm befaßt. Ihm ist daher Gelegenheit gegeben, zu beobachten und zu prüfen, ob ein kalter juristischer Rechtsputsch nur dann keiner ist, wenn er in einem Freistaat Hamburg stattfindet.
Mit der Firma KONKRET, gegen die wir in dieser Angelegenheit schon vor Jahresfrist vorgegangen sind, hat dies alles angefangen. Hingegen hat der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch wenigstens Anstand genommen, seinen Vertrag mit einer gewissen Autorin Röhl gerade noch rechtzeitig zu lösen. Unterdessen hat die Firma KONKRET ihr Falschbehauptungs-Druckerzeugnis ungehindert und ohne juristische Kennzeichnung als solches weiterverbreitet.
Der verantwortliche Herausgeber bei KONKRET, ein gewisser Herr Mecklenburg, anders als Herr Bundesaußenminister Fischer, ist um eine staatsanwaltliche Einvernahme und Beweisermittlung umstandslos herumgekommen. Hatte er die besseren Staatsanwälte, weil es Hamburger Freistaatler waren? Es war Herrn Mecklenburg in Hamburg ja sogar vergönnt, die fortbestehenden Ärztegreuel aus der Nazizeit als "einfach lächerlich" (schriftlich zu den Akten) versuchsweise abzutun, und die Hamburger Staatsanwaltschaft ist dem geflissentlich beigetreten, indem sie unseren Sachvortrag samt zugehörigen Paragraphen, Beweisen und Gegenvorstellungen einfach unsachlich befand, sonst nichts, kein weiteres Wörtchen darüber. Sie hofft darüber hinaus, zutiefst gekränkt, und zwar ohne Angabe von Gründen, auf den Beistand der Anwaltskammer, sucht also ganz offensichtlich ihr Heil im Irrationalen.
Die eingangs gekennzeichnete Positionalität
in politisch rechtslastigen bis ultrarechten politischen Interessen und
Tendenzen, Relikten der Euthanazi-Ära, erhält dadurch ihre Bilderbuchreife,
und im Interesse der gesamtdeutschen Justiz hoffentlich nur vorläufige
Abrundung.
1. Sachverhalt und bisheriger Verfahrensgang
Die Beschuldigte und hier im Vorliegenden strafangezeigte Frau OStAin Nix, Hamburg, war in der Beschwerdeinstanz mit einer Strafanzeige befaßt, von der Unterzeichnerin erstattet gegen die Geschäftsführerin der Hamburger Konkret Literatur Verlags GmbH (Frau Dorothee Gremliza) und einen Herausgeber in diesem Verlag (Herrn Jens Mecklenburg). Es ist deshalb geboten, auf den Gegenstand der zugrundeliegenden Strafanzeige und den diesbezüglichen Verfahrensgang kurz einzugehen.
Gegen die beiden Genannten der Firma Konkret hatte die Unterzeichnerin Strafanzeige erstattet wegen strafbarer Falschbehauptungen, die in dem Druckwerk der Beschuldigten
Die Unterzeichnende, selbst aktive Teilnehmerin im Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK) 1970/71, war und ist durch die inkriminierten Falschbehauptungen in ihren Rechten verletzt. Die Verletzteneigenschaft kommt darüber hinaus einer Vielzahl von Personen bzw. Teilen der Bevölkerung zu, welche die Arbeit und Inhalte des SPK, und zwar als PF/SPK(H) in tätiger Kontinuität fortführen.
Die Strafanzeige vom 15.12.1999 wird als Anlage 1 beigefügt.
Die Unterzeichnerin hatte in der Strafanzeige gegen KONKRET unter anderem Folgendes ausgeführt:
Die Falschbehauptung, das SPK sei verboten worden, erfüllt den Straftatbestand der Volksverhetzung. Ebenso wie die öffentliche Billigung, Leugnung oder Verharmlosung des Holocaust als Volksverhetzung unter Strafe gestellt ist (§ 130 Abs. 3 StGB), wird wegen Volksverhetzung mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung verleumdet (§ 130 Abs. 1 Ziff. 2 StGB).
Die Behauptung, das SPK sei verboten, erfüllt auch den Straftatbestand der falschen Verdächtigung nach § 164 Abs. 2 StGB. Die wider besseres Wissen und öffentlich aufgestellte Falschbehauptung eines Verbots des SPK ist geeignet, gegen Patienten des SPK und in seiner Kontinuität des PF/SPK(H) bis heute behördliche Maßnahmen herbeizuführen. Unter falschem Verdacht werden Menschen gelegentlich erschossen, und obwohl falsch der Verdacht, wird aus tot nicht wieder lebendig.
Die Staatsanwaltschaft hat der Verbreitung dieser Falschbehauptung aber auch im eigenen Interesse, sowie im Interesse der Justiz insgesamt entgegenzutreten. Wenn in Publikationen wie der genannten, die sich noch dazu rühmt, ein Nachschlagewerk für die jüngere Zeitgeschichte zu sein, behauptet wird, das SPK sei verboten worden, so wird damit in objektiver und tatsächlicher Hinsicht "gerichtlich verboten" mit "gerichtlich nicht verboten" gleichgesetzt. Ein Staatsanwalt kann dem nicht zustimmen.
Würde die Staatsanwaltschaft die Verleumdung, das SPK sei "verboten" worden, nicht im eigenen justiziellen, wie auch im öffentlichen Interesse verfolgen, so würde sie sich einmal mehr vor den Karren der Ärzte spannen lassen und sich ("objektivste Behörde der Welt") und den Gerichten damit zugleich jegliche Legitimation absprechen. Die Staatsanwaltschaft würde dadurch in objektiver und tatsächlicher Hinsicht der Auffassung beitreten, daß es gleichgültig sei, ob etwas gerichtlich verboten worden ist oder nicht, frei nach der Devise "egal, legal", um es in den uns sehr widerstrebenden, aber auch für anspruchslosere Gemüter vielleicht verständlichen und eingängigen Worten des Euthanazipropagandaministers Dr. Josef Goebbels ausnahmsweise einmal zu sagen. Dann dürften jedoch künftig weder Staatsanwaltschaften noch Gerichte beanspruchen, irgend jemanden oder irgend eine Gruppe zu verfolgen, wenn diese trotz rechtlichem Verbot in ihrem Tun fortfahren. Beispielsweise dürften sie keinen mehr verfolgen, weil er Nazi-Embleme öffentlich verwendet. Keiner dürfte verfolgt werden, wenn er sich mit anderen zusammen als NSDAP wiederbetätigt. Staatsanwaltschaften und Gerichte müßten dafür sorgen, daß etliche Bestimmungen des Strafgesetzbuches gestrichen werden. Ein gut‘ Teil der Stellen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften könnten dadurch zwar ebenfalls eingespart werden und dies würde zur Verringerung der allseits beklagten Kostenlast beitragen. Doch das staatliche Gewaltmonopol wäre damit auch juristischerseits für obsolet erklärt und die Staatsanwaltschaft würde sich selbst ihrer Existenzberechtigung insgesamt berauben. Die Staatsanwaltschaft hat daher auch im eigenen wohlverstandenen Interesse, sowie im Interesse der Justiz im Ganzen, diese verleumderische Falschbehauptung zu verfolgen.
Wie im hier vorliegenden Schreiben schon einleitend ausgeführt, hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft diesbezüglich ausdrücklich zugegeben und eingeräumt, daß das von uns inkriminierte Druckerzeugnis die von uns inkriminierten schadenslastigen Falschbehauptungen enthält, uns jedoch versuchsweise dahingehend belehrt, dies habe insoweit seine Ordnung, als die Grenzen zur Strafbarkeit nicht gebrochen seien, kurz: Falschbehauptungen, nur sozusagen vom Gesetzgeber verboten, seien eben gerade nicht verboten, wenn dies einer Hamburger Staatsanwaltschaft eben gerade so und nicht anders beliebt.
Es war also dringend geboten, die Hamburger Staatsanwaltschaft auf die Unhaltbarkeit ihrer Ausführungen in sachlicher und rechtlicher Hinsicht hinzuweisen. Dazu hatten wir an die Adresse der Beschwerdeinstanz unter anderem die schon von jedem Jurastudenten leicht zu beantwortende Rechtsfrage gestellt, wo die Grenze liege, ab wann und wie Falschbehauptungen zu Straftaten werden und hatten die Antwort gleich auch noch mitgeliefert:
Hier aus der Beschwerdebegründung ein Abschnitt über die rechtliche Prüfung des Straftatbestands der üblen Nachrede (die vollständige Beschwerdebegründung vom 11.8.2000 wird als Anlage 2 beigefügt):
II. 2. Der Straftatbestand der üblen Nachrede ist erfüllt.
Die entsprechende Bestimmung des Strafgesetzbuchs
lautet:
§ 186 StGB
Wegen übler Nachrede wird mit Freiheitsstrafe
bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer durch Verbreitung von
Schriften in Beziehung auf einen anderen
a) | eine Tatsache behauptet, |
b) | welche geeignet ist, denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, |
c) | wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist. |
ad a)
|
Handelt es sich bei der Behauptung, das SPK sei
verboten worden, um eineTatsachenbehauptung, ja oder nein?
Antwort: Ja, es handelt sich um eine Tatsachenbehauptung, jedoch, widerlegt und ermittelt, um eine erweislich falsche Tatsachenbehauptung. |
ad b)
|
Die Beschuldigten suggerieren mit dieser gezielten
Falschbehauptung, die sich im sogenannten "Sachglossar" des inkriminierten
Druckwerks befindet, daß die Patienten des SPK, alle aktiv Teilnehmenden
am SPK, einem verbotenen Zusammenschluß angehörten.
Gilt die Teilnahme an einer verbotenen Organisation als etwas in der öffentlichen Meinung Hochgeschätztes oder als etwaslaut Gesetz Kriminelles und damit Verächtliches,als etwas, das geeignet ist, den Teilnehmer in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen Antwort: Als etwas Herabwürdigendes. Ist dieser Straftatbestand damit erfüllt, ja oder nein? Antwort: Ja. |
ad c)
|
Ist die Behauptung eines Verbots des
SPK erweislich wahr, ja oder nein?
Antwort: Nein. Sie ist nicht nur "nicht erweislich wahr", sondern sogar eindeutig falsch. Das SPK ist nie verboten worden, weder gerichtlich noch seitens irgend einer Behörde. Durch Gerichtsurteil vom 19.12.1972 der Staatsschutzkammer Karlsruhe, Az. I Kls 3/72, IV AK 6/72 wurde ein Verbot des SPK ausdrücklich abgelehnt. Haben die Beschuldigten damit sämtliche Patienten des SPK, welches sie als "verboten" brandmarken, durch diese falsche Tatsachenbehauptung in der öffentlichen Meinung herabgewürdigt und ihnen übel nachgeredet, ja oder nein? Antwort: Ja. Ist dies strafbar gem. § 186 StGB, ja oder nein? Antwort: Ja. Ist daher Anklage zu erheben, ja oder nein? Antwort: Ja. |
Soweit auszugsweise aus unserer Beschwerdebegründung.
Mit dieser Beschwerdebegründung war die im hier vorliegenden Verfahren beschuldigte Frau OStAin Nix befaßt.
Hatte die in der Vorinstanz befaßte Staatsanwältin immerhin noch zugeben müssen, daß die von den Beschuldigten Gremliza und Mecklenburg aufgestellten Behauptungen falsch sind, so wollte Frau Oberstaatsanwältin Nix rückwirkend nicht einmal mehr dies gelten lassen. Schon unserer Strafanzeige seien "keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen strafbarer Handlungen (zu) entnehmen", behauptete sie in ihrem Bescheid vom 25.08.2000. Eine pure Behauptung, welche Frau OStAin Nix mit keinem Wort begründete. Sie hat damit versucht, das Strafermittlungsverfahren gegen die Pressefirma KONKRET auf das strafrechtlich tote Gleis einer dienstaufsichtsrechtlichen Bescheidung zu schieben und es dadurch zum Erliegen zu bringen.
Dazu muß man wissen:
In Hamburg, und nur in Hamburg, treffen Presserichter
und Staatsanwälte Entscheidungen generell höchst einseitig zugunsten
der Presse, ganz im Widerspruch sogar zur sonstigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung, z.B. des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts.
Als Ballungsmetropole zahlreicher Großeditoriale mit ihrem gewaltigen
Steueraufkommen scheint es demnach nicht mehr allein die "heilige Seefahrt"
zu sein, die "not tut", wie noch zu Zeiten des kaiserlichen Flottenadmiral
v. Tirpitz. (Unsachlich? Zeitgeschichte!)
Diese Abhängigkeit der Hamburger Justiz von den Interessen der Presse trat deutlich in Erscheinung in den ablehnenden staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen.
Über die Ablehnung unserer Beschwerde hinaus
tat die Frau OStAin Nix aber noch ein Übriges und darum geht es in
vorliegender Strafanzeigensache.
2. Sachverhalt und rechtliche Würdigung in Sachen Straftat der Frau OStAin Nix
Nachdem Frau OStAin Nix in rechtlicher Hinsicht die Argumente ausgegangen waren, versuchte sie, mit berufsgerichtlichen Maßnahmen gegen die Unterzeichnerin vorzugehen.
Mit Vermerk vom 16.11.2000, adressiert an die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, hat die Beschuldigte mit Bezug auf die Unterzeichnerin wörtlich das Folgende ausgeführt:
Der Straftatbestand der falschen Verdächtigung zum Nachteil der Unterzeichnerin ist erfüllt.
Die entsprechende Bestimmung des Strafgesetzbuchs
lautet:
§ 164 Abs. 2 StGB
Wegen falscher Verdächtigung wird mit Freiheitsstrafe
bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer
a) | über einen anderen bei einer der in Absatz I bezeichneten (zuständigen) Stellen wider besseres Wissen |
b) | eine Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, |
c) | ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme gegen ihn herbeizuführen, und |
d) | wer in dieser Absicht handelt. |
Ad "zuständige Stelle":
Die Beschuldigte hat ihr Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft
Karlsruhe gerichtet, also an diejenige Behörde, über die ein
berufsrechtliches Verfahren in Gang gebracht werden kann.
Ad "Behauptung tatsächlicher Art":
In ihrem Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft
Karlsruhe äußert die Beschuldigte keine Meinungen, sondern erweckt
den, wenn auch irreführenden Eindruck, sie erhebe "Behauptungen tatsächlicher
Art", nämlich die Beschwerdebegründungen der Unterzeichnerin
habe "beleidigende Äußerungen" enthalten. Aber es gibt keine
Tatsachen, welche ihre Behauptungen belegen könnten.
Ad "geeignet ist, ein behördliches Verfahren
oder eine andere behördliche Maßnahme herbeizuführen, und
in dieser Absicht handelt":
Die Beschuldigte hat sich an diejenige Behörde
gewandt, über die ein berufsrechtliches Verfahren in Gang gebracht
werden kann, und dies mit der eindeutig bekundeten Absicht, gegen die Unterzeichnerin
ein berufsgerichtliches Verfahren durchführen zu lassen.
Ad "wider besseres Wissen":
Der Beschuldigten lagen die entsprechenden Rechtsausführungen
der Unterzeichnerin vor, aufgeführt auf insgesamt 26 Seiten Beschwerdebegründung
(Schriftsätze vom 11.08.2000 und 20.10.2000). Schon die Vorinstanz
von Frau OStAin Nix, die Staatsanwaltschaft Hamburg, war nicht umhin gekommen
festzustellen, daß die von uns inkriminierten Falschbehauptungen
der Firma KONKRET tatsächlich Falschbehauptungen sind, unsere Rechtsansicht
somit richtig. Nur die gebotene Schlußfolgerung in strafrechtlicher
Hinsicht zu ziehen, das hat die Staatsanwaltschaft Hamburg in dieser Pressesache
rechtswidrigerweise unterlassen. Die Gründe wurden schon genannt,
Stichwort: großeditoriales Steueraufkommen.
Die Beschuldigte, Frau OStAin Nix, wußte, daß die von ihr aufgestellte Behauptung an die Adresse der Anwaltskammer via Generalstaatsanwaltschaft falsch ist. Die Beschuldigte hat in den 26 Seiten Beschwerdebegründung keinen einzigen Satz, kein einziges Wort benannt, nichts, was als Beleg ihrer Behauptung ("zahlreiche unsachliche und beleidigende Anwürfe") hätte herhalten können. Dies hätte Frau OStAin Nix ein Leichtes sein müssen bei den von ihr behaupteten "zahlreichen Anwürfen". Aber weder in der Einzahl, geschweige denn in der Mehrzahl hat sie einen "Anwurf" auch nur kenntlich gemacht.
Die Absicht der falschen Verdächtigung ergibt sich, neben allem anderen, allein schon aus der Unbestimmtheit der Anschuldigungen durch Frau OStAin Nix, Anschuldigungen, die jedweder vom Gesetzgeber geforderten Bestimmtheit gemäß den §§ 43a III, 120a BRAO sowie gemäß den §§ 185ff StGB entbehren.
Auch die von Frau OStAin Nix gleich noch mitvereinnahmte Kollegin ("Anwürfe gegen die zuständigen Staatsanwältinnen") konnte rein gar nichts "Unsachliches", rein gar nichts "Beleidigendes" erkennen. Es gibt nichts dergleichen, dafür gibt es um so mehr Rechtsausführungen auf den 26 Seiten Beschwerdebegründung. Wenn sie diese Rechtsausführungen für "beleidigend" hält, so ist Frau OStAin Nix gehalten, in die Politik zu gehen und etwa im Parlament und Justizministerium ihr genehmere Gesetze durchzusetzen, nicht aber staatsstreichartig bestehende Gesetze außer Kraft zu setzen.
Es kommt straferschwerend hinzu, daß Frau OStAin Nix qua Amt und Ausbildung wissen muß, daß Anschuldigungen zu belegen sind. Als Staatsanwältin ist sie dienstlich mit der Abfassung von Anklageschriften befaßt. Mit das Wichtigste ist dabei die Angabe bestimmter Tatsachen und Beweismittel. "Anzuführen sind die Tatsachen samt Beweisgrundlage, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergibt" so Kleinknecht/Meyer-Goßner (Rz. 18 zu § 200 StPO) über das Grunderfordernis jeder Anklageschrift. Fehlt dies, so ist die Anklage heillos zusammengebrochen. Gleiches gilt für die Anzeige einer sog. Beleidigung. Die Anzeigeerstatterin muß zumindest die Textstellen und genauen Formulierungen benennen, durch welche sie sich beleidigt oder herabgewürdigt fühlt. Sie hätte außerdem Ersatzformulierungen zu bieten gehabt, durch welche der Sachverhalt hätte "beleidigungsfrei", aber mindestens sachangemessen, ausgedrückt werden können. Sie hätte außerdem darzutun gehabt, weshalb die genau bezeichnete Formulierung nicht etwa durch Wahrnehmung berechtigter Interessen oder dergleichen gerechtfertigt sei. Wer aber nicht einmal Tatsachen und Beweise angeben kann, weil es sie nicht gibt, der soll es erst gar nicht versuchen mit einer Anschuldigung. Denn andernfalls ist es böswillge Anschwärze, haltlos und bodenlos, der Sache und Substanz nach nix, und deshalb strafrechtlich zu verfolgen als falsche Verdächtigung.
Es fällt auf, daß die Beschuldigte den Weg zu den ordentlichen Gerichten gescheut hat. Sie hat keine Anzeige gegen die Unterzeichnerin erstattet etwa wegen "Beleidigung". Hoffte die Beschuldigte, bei einem Berufsgericht leichter zum Ziel zu kommen? Auch hier kommt straferschwerend hinzu, daß Frau Nix Staatsanwältin ist, Oberstaatsanwältin sogar. Es muß ihr daher von Amts wegen auch die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bekannt sein, das 1987 die Kriterien für das sogenannte anwaltliche Standesrecht neu gefaßt hat. Demzufolge hat ein anwaltliches Berufsgericht nunmehr denselben Maßstab anzulegen wie die Strafgerichte hinsichtlich sogenannter "unsachlicher und beleidigender Anwürfe", wie sie von der Beschuldigten behauptet werden. Und dieser Maßstab ist ihr von Amts wegen bekannt. Die Beschuldigte hätte demzufolge genauso gut zu einer Staatsanwaltschaft anzeigen gehen können, mit der gleichen Erfolgsaussicht: gleich Null.
Das Bundesverfassungsgericht hat zudem klargestellt und insoweit die bisherige Praxis der sog. Standesgerichte für unanwendbar erklärt, daß eine allgemeine Meinungsäußerung, die auch die sogenannte Urteilsschelte und die Kritik an staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen mitumfaßt, nicht unter das Standesrecht fällt. Die bis 1987 angelegten Kriterien wurden für verfassungswidrig erklärt, weil gegen Grund- und Menschenrechte verstoßend. Es hatte sich dabei um Gummiformulierungen gehandelt, wie zum Beispiel "Verstoß gegen den sog. guten Ton", "gegen das Taktgefühl", desgleichen "stilwidrige und ungehörige Äußerungen", welche die anwaltlichen Berufsgerichte seit 1987 wegen erwiesener Verfassungswidrigkeit nicht mehr zu interessieren haben. Das Gegenteil, so das Bundesverfassungsgericht, wäre eine unzulässige Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Meinungs- und Berufsfreiheit. Die Frau Oberstaatsanwältin wußte also schon vor Abfassung ihres Vermerks, daß ein sog. anwaltliches Berufsgericht überhaupt nicht zuständig ist für ihre Beschwerden.
Frau Oberstaatsanwältin Nix hätte zudem auffallen können, daß die Strafanzeige gegen die Firma KONKRET von der Unterzeichnerin im eigenen Namen erstattet wurde und nicht im Auftrag eines Mandanten. Zugleich hat die Unterzeichnerin die Strafanzeige erstattet auch im Interesse all derer, welche die Arbeit und Inhalte des SPK, und zwar als PF/SPK(H), in tätiger Kontinuität fortführen, und welche durch die inkriminierte KONKRET-Veröffentlichung ebenfalls in ihren Rechten verletzt wurden. Die Strafanzeige und die nachfolgenden Beschwerdebegründungen hätte die Unterzeichnerin auch dann verfassen können, wenn sie nicht als Anwältin zugelassen wäre, wenn sie keine einzige Stunde im Hörsaal einer Juristischen Fakultät verbracht hätte. Es bestand kein Anwaltszwang. Es war keine anwaltliche Tätigkeit und insofern auch keine Zuständigkeit einer Anwaltskammer gegeben. Denn auch das hat das Bundesverfassungsgericht schon 1987 festgestellt: die Anwaltskammer ist nicht zuständig für das Verhalten des Anwalts außerhalb seiner Berufstätigkeit.
Summa summarum:
Wider besseres Wissen und mit voller Denunziationsabsicht
hat Frau OStAin Nix falsch verdächtigt, und zwar durch keinerlei gültige
Rechtsvorschriften behindert, also zur Gänze vulgo. Es geht der Beschuldigten
nur um die Anschuldigung als solche, in versuchsweiser Anwendung des schon
aus dem alten Rom bekannten politischen Rhetorikertricks: audacter calumniare,
semper aliquid haeret (immerzu kühnlich verleumden, irgend etwas bleibt
allemal hängen). Im Erfolgsfall Sturz des politischen Gegners, wer
aber scheiterte, und das gab es auch schon in Rom, verlor selber Amt, Würde,
Sitz im Senat, Heimatrecht und manchmal auch den Kopf.
Der Straftatbestand der falschen Verdächtigung ist erfüllt. Die Sache ist von höchster aktueller und somit auch generalpräventiver Wichtigkeit. Frau OStAin Nix ist zu bestrafen.
Muhler
Rechtsanwältin