Im Phallus einer Falle / laifiziert die Galle

Rechtsetzung durch Krankheit:
Vormundschaft und Entmündigung (heute: Betreuung) abgewendet

aus: KrankheitsRat

 

An das

Amtsgericht

– Vormundschaftsgericht –

Postfach

31.7.1985

Betr.: Az: ….

Verfahren in Sachen Herrn F.J.

 

Hiermit nehmen wir zu der Frage Stellung, ob eine Pflegschaft für Herrn J. eingerichtet werden soll oder nicht. Insbesondere nehmen wir Stellung zu dem so genannten Gutachten des Dr. med. Braun vom 1.3.1984 sowie zu der, vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Frage nach der Prozessfähigkeit von Herrn J.

Zusammenfassend ist nach Prüfung der Sach- und Rechtslage festzustellen, dass Herr J. voll Geschäfts- und prozessfähig ist, so dass er weder eines Rechtspflegers noch sonst irgend eines Pflegers bedarf. Auch das sog. Gutachten des Dr. Braun vom 1.3.1984 ist nicht geeignet, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht irgend etwas anderes zu begründen. Sieht man von den zitierten Gutachten und Stellungnahmen anderer Ärzte ab, die Dr. Braun nur aufführt, um sie anschließend zu verwerfen, und sieht man ab von den "fährtensuchenden" Verirrungen des Dr. Braun, die vielleicht eines drittklassigen Privatdetektivs, keinesfalls aber eines Arztes und ärztlichen Gutachters würdig sind, bleibt in dem Gutachten einzig die Frage übrig, ob Herrn J. ein so genanntes Querulantentum anzulasten ist oder nicht. In rechtlicher Hinsicht, insbesondere für die Frage der Prozess- und Geschäftsfähigkeit kommt es hierbei jedoch weniger auf das behauptete Vorliegen der Krankheit oder auf deren Nicht-Vorliegen an, sondern einzig und allein auf den sog. Krankheits-Wert.

In rechtlicher Hinsicht ist einzig der Krankheits-Wert relevant. Nur eine Krankheit mit Krankheitswert ist auch im juristischen Sinne als Krankheit zu bezeichnen. Es ist daher zwischen einer Krankheit im medizinischen Sinne und einer Krankheit im rechtlichen Sinne streng zu unterscheiden (vgl.: Medizinische Begutachtung, Grundlagen und Praxis, Hans Hermann Marx, Thieme Verlag, 1981).

Der Krankheits-Wert ist in der einschlägigen juristischen Literatur und Rechtsprechung qualitativ bestimmt durch

a) Lästigkeit

b) Gefährlichkeit

einer etwa vorliegenden Krankheit.

Ob eine Krankheit Krankheits-Wert hat oder nicht, ist keine medizinische, sondern ausschließlich eine rechtliche Frage, die z.B. aus versicherungsrechtlicher Sicht beurteilt werden muss. Erst eine Krankheit, die aus versicherungsrechtlicher Sicht einen Leistungsanspruch zur Folge hat, ist eine Krankheit im Rechtssinne, d.h. eine Krankheit mit Krankheits-Wert.

Eine Krankheit in diesem rechtlichen Sinne, d.h. eine Krankheit mit Krankheits-Wert, liegt bei Herrn J. nicht vor, jedenfalls nicht in dem hier in Frage stehenden Bereich der Prozess- und Geschäftsfähigkeit. Die Krankheit, die die Erwerbsunfähigkeit und die Rentenansprüche von Herrn J. begründet, nämlich die aus Arbeitsunfällen resultierenden Beeinträchtigungen, sind rein körperlicher Natur und beeinträchtigen weder Herrn J.s Prozessfähigkeit noch seine Geschäftsfähigkeit im Allgemeinen. Daran ändert auch die pure, unbegründete Behauptung des juristischen Laien Braun nicht das Geringste.

Der Vollständigkeit halber kann hier noch festgehalten werden, dass bei Herrn J. auch im medizinischen Sinne kein sog. Querulantentum vorliegt.

Namens und im Auftrag von Herrn F.J. wird daher

beantragt,

dem Antrag auf Bestellung eines Pflegers für Herrn J. aus allen rechtlichen und tatsächlichen Gründen zu verwerfen.

 

Zur Begründung im Einzelnen:

I.

Der Gutachter Dr. med. Braun entwirft in seinem sog. Gutachten vom 1.3.1984 ein völlig verzerrtes, einseitiges und verfälschendes Bild von Herrn J. Schon allein dieses verfälschende Bild von Herrn J. , das Dr. Braun entwirft, macht es dem Herrn "Gutachter" unmöglich, eine rechtlich relevante Beurteilung vorzunehmen. Für den Herrn "Gutachter" existiert Herr J. nur während seiner kurzen Krankenhausaufenthalte und im Zusammenhang mit Prozessen, die Herr J. zu führen gezwungen ist, um zu seinem Recht zu kommen. Aber auch in diesem Zusammenhang gibt es für den Herrn "Gutachter" kein Vorher, kein Nachher, kein Warum, kein Wieso. Dr. Braun war schon insofern nicht in der Lage, irgendwelche rechtlich relevanten Feststellungen zur sog. Persönlichkeit von Herrn J. zu treffen.

Herr J. wurde am … in … geboren. Seine schulische und berufliche Ausbildung hat Herr J. mit Erfolg absolviert. Er war lange Jahre – bis zu seinen Unfällen, die einen Berufswechsel erforderlich machten – als Speditionskaufmann tätig. Als Speditionskaufmann war Herr J. unter anderem auch jahrelang im Ausland tätig.

Schon allein die Tatsache, dass Herr J. jahrelang als Speditions-Kaufmann tätig war, stellt unter Beweis, dass Herr J. sowohl in wirtschaftlichen als auch in rechtlichen Dingen bewandert ist. Die jahrelange Tätigkeit als Speditions-Kaufmann stellt ebenfalls unter Beweis, dass Herr J. auch soziale Kontaktfähigkeit besitzt. Denn in diesem Beruf hatte er es sehr viel mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Er musste schon von Berufs wegen in der Lage sein, Kontakte zu einer Vielzahl von Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft und gesellschaftlicher Stellung knüpfen und pflegen zu können.

Als Speditions-Kaufmann, der unter anderem auch im Ausland tätig war, ist Herrn J. auch der Umgang mit den unterschiedlichsten Behörden schon von Berufs wegen vertraut.

Auf Grund von mehreren Arbeitsunfällen und Haftpflicht-Unfällen, die Herr J. in den Jahren 1968 und 1970 erlitt, konnte er seinen Beruf als Speditions-Kaufmann in Folge zurückbleibender, rein körperlicher Beeinträchtigungen (z.B. Bein-Verkürzung) nicht mehr weiter ausüben.

In den Jahren 1971 bis 1973 absolvierte Herr J. daher eine berufliche Umschulung. Diese schloss er erfolgreich als staatlich geprüfter Betriebswirt ab.

Auch die Tatsache, dass Herr J. mit über 40 Jahren noch erfolgreich zum staatlich geprüften Betriebswirt umgeschult hat, stellt unter Beweis, dass Herr J. sowohl in sozialer als auch in geistiger Hinsicht beweglich und aktionsfähig war und ist. Insbesondere war und ist Herr J. in der Lage, sich neu zu orientieren und umzustellen, falls es die gegebenen, veränderten Umstände erforderlich machen.

Herr J. war verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei Söhne, für die er auch nach seiner Scheidung und nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht Sorge getragen hat. Diese Tatsache stellt unter Beweis, dass Herr J. durchaus in der Lage war und ist, in sozialer Hinsicht – entsprechend den gesellschaftlichen Normen und Vorstellungen hier und heute – mitmenschliche Kontakte aufzunehmen und zu pflegen.

Herr J. ist Mitglied des VDK: Diese Tatsache stellt unter Beweis, dass Herr J. durchaus sozial und gesellschaftspolitisch interessiert und aktiv ist.
Des Weiteren steht Herr J. seinen Mitmenschen mit Rat und Tat zur Seite, z.B. wenn es darum geht, sich in dem Gestrüpp von rechtlichen Bestimmungen und "Formularkrieg" Renten-Angelegenheiten betreffend, zurechtzufinden.

Von "sozialer Isolierung" und fehlender "Kontakt-Fähigkeit" jedenfalls kann bei Herrn J. – entgegen den Behauptungen des Herrn Dr. Braun – keine Rede sein.

Herr J. hatte sich geweigert, mit dem "Gutachter" zu sprechen, bzw. er hatte die sprachliche Kommunikation mit diesem stark eingeschränkt, im Wissen darum, dass dieser jede seiner Äußerungen gegen ihn verwenden könnte. Jedes beiläufige Gespräch könnte sich später in dem zu erstellenden "Gutachten" bzw. in den Kranken-Akten sinnentstellt und Diagnose-seziert wiederfinden. Es lag also nicht an der fehlenden Kontakt-Fähigkeit von Herrn J., dass kein oder kaum – wie es der Arzt verräterisch ausdrückt – ein "Rapport" hergestellt werden konnte, sondern daran, dass Herr J. dem Arzt – zu Recht! – misstraute. Herr J. könnte sich daher allenfalls vorwerfen, dass er nicht konsequent von seinem Aussage-Verweigerungs-Recht Gebrauch gemacht hat, nicht aber, dass er zu wenig mit dem Arzt sprach. Denn der Arzt und Gutachter hat – erwartungsgemäß – die Äußerungen von Herrn J. verfälscht und fehlgedeutet wiedergegeben.

 

II.

1. In dem sog. Gutachten von Herrn Dr. Braun werden zunächst unter der Rubrik "Aktenlage" seitenweise Gutachten anderer Ärzte abgehandelt.

So viele Ärzte, so viele Diagnosen.

Dieses alte Sprichwort bestätigt sich auch in diesem Fall. Was der eine Arzt behauptet, schließt der andere Arzt wiederum aus und umgekehrt.

Dr. Schneider vom Staatlichen Gesundheitsamt hat im März 1972 in einem Gutachten festgestellt, dass das gesundheitliche Zeugnis des Gesundheitsamts Berlin vom 3.2.1971 unzutreffend ist. Im Gegensatz zu dem Gutachten des Gesundheitsamts Berlin stellt Herr Dr. Schneider vom Gesundheitsamt … fest, dass Herr J. voll geschäftsfähig ist und dass er weder an einer akuten paranoiden Psychose noch an einer sonstigen krankhaften Störung der Geistestätigkeit leidet.

Ebenfalls 1972 hat der damalige Dr. Kretz von der Psychiatrischen Poliklinik Heidelberg sich in einem Arztbrief über Herrn J.  geäußert: Dieser Dr. Kretz behauptete, Herr J. projiziere Schwierigkeiten auf seine Umwelt.

Für einen Richter, der objektive Kriterien zu Grunde zu legen hat, wird es in alle Ewigkeit unentscheidbar bleiben, wer hier projiziert. Denn besagter Dr. Kretz wurde seinerseits als politisch-ideologischer Querulant, der für eine Psychiatrische Universitätsklinik und zuvor für die sozialpsychiatrische Abteilung (heute: Zentral-Institut in Mannheim) ungeeignet ist, als absolut untragbar und unfähig nach zahlreichen, von ihm angestrengten Gerichtsverfahren aus der Klinik entfernt. Es ist bekannt, dass Dr. Kretz über so ziemlich alle Leute, mit denen er ärztlich, als Kollege oder politisch zu tun hat, dergleichen Behauptungen aufstellt, wie gegenüber Herrn J. Und dies nachweisbar seit mindestens fünfzehn Jahren (Vgl. u.a. Festschrift für Prof. Dr. med. Janzarik, ärztlicher Leiter der Universität Heidelberg, Abt. Psychiatrie, seinerseits verstrickt in die Patienten-Mord-Aktion T4 während des sog. Dritten Reichs).

Dass die Behauptungen jenes Dr. Kretz unbeachtlich sind, wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass Dr. Braun in seinem sog. Gutachten hierauf nicht mehr zurückkommt.

In dem Gutachten von Priv. Doz. Dr. Funk vom 18.6.1972 wiederum wird behauptet, Herr J. leide angeblich an epileptischen Anfällen. Dr. Funk kann jedoch mit keinem einzigen epileptischen Anfall aufwarten, den er selbst bei Herrn J. beobachtet hat. Vielmehr soll die Tatsache, dass Herr J. eines Tages im August 1971 (laut Gutachten: "1981"!) bewusstlos auf einer Straße in … aufgefunden worden sei (Schwächeanfall durch Hunger, Hitze o.ä.?) zum "Beweis" dafür herhalten.

Für die behauptete Epilepsie fehlt jeglicher Nachweis, insbesondere fehlt der obligatorische EEG-Befund.

Dr. Funk wirft mit psychiatrischen Diagnosen geradezu um sich. Einmal behauptet er, "eine tiefgreifende Persönlichkeitsveränderung, etwa im Zusammenhang mit einer früher vorhandenen Epilepsie oder einer Schizophrenie" läge vor. Anschließend kommt er jedoch zu dem Ergebnis:

"Unzweifelhaft leidet er nicht an den Folgen einer Epilepsie, desgleichen sicher auch nicht an einer akuten Psychose im Sinne einer Schizophrenie."

Wie Dr. Funk sich dann jedoch versteigen kann, "mit aller gebotenen Vorsicht" einen schizophrenen Defektzustand anzunehmen, obwohl er eine Schizophrenie gerade ausgeschlossen hat, ist unerfindlich. Er spannt sozusagen die Ochsen hinter den Karren und merkt nicht einmal, dass er so nicht vorwärts kommt, gescheige denn, dass er einen Fehler gemacht hat (Fehler ist das deutsche Wort für Defekt).

Auch die Epilepsie wird schließlich von Dr. Funk fallengelassen und er versucht es zuletzt mit einer "querulatorischen-paranoiden Psychopathie", der jedoch – so seine Behauptung – ein "Krankheitswert" beizumessen sei.

Hierzu muss man wissen, dass die Diagnose "Psychopathie" im ärztlich-medizinischen Sinne keine Krankheit bezeichnet, sondern als "Normabweichung" definiert wird, die von den Ärzten folgendermaßen charakterisiert wird: Ein Psychopath sei jemand, "der an der Gesellschaft leidet oder an dem die Gesellschaft leidet (sic!)".

Mit einer solchen Definition kann jedoch praktisch ein jeder über kurz oder lang, wie andere sagen: zur Strecke gebracht werden. Denn wer hat noch nie an der Gesellschaft um ihn herum gelitten oder die Gesellschaft an ihm? Sind alle Ärzte und Pfleger in einer HEILanstalt, alle Ärzte und Justiz-Beamte in einer Justiz-Vollzugs-Anstalt, alle Heeres-Ärzte und Militärs, alle Polizei-Ärzte und Polizisten Psychopathen? Zweifellos leiden zumindest diejenigen, die mehr oder weniger gezwungenermaßen sich in Gesellschaft der genannten Personen befinden, unter ihnen und unter den von diesen getroffenen Maßnahmen. Oder sind etwa über 2 ½ Millionen Arbeitslose samt und sonders Psychopathen, die doch zweifelsohne an der gesellschaftlich und gesamtökonomisch bedingten Arbeitslosigkeit und damit an der Gesellschaft leiden? Handelt es sich gar bei den Milliarden Menschen, die in der so genannten Dritten Welt unter dem zweifelsohne gesellschaftlich bedingten Elend leiden, ebenfalls um Psychopathen?

Kurz: mit einer solchen Diagnose kann man alles und überhaupt nichts anfangen. Damit kann man jeden, insbesondere aber jeden – aus welchen Gründen auch immer – : Missliebigen brandmarken und zumindest in rechtlicher Hinsicht kaltstellen!

Was den Krankheitswert betrifft, so kann Dr. Funk ebenso wenig wie Dr. Braun hierzu qualifiziert etwas aussagen. Denn der sog. Krankheitswert ist keine medizinische, sondern eine rechtliche Kategorie und die Herren Ärzte sind jedenfalls juristische Laien. Siehe hierzu unsere Ausführungen unter II.2.

Dr. Braun zitiert im Folgenden eine weitere Äußerung des Dr. Schneider, in der dieser behauptet, "eine sinnvolle Verständigung mit Herrn J." sei "auch bei Besprechung der prozessualen Angelegenheiten … nicht möglich." Derselbe Dr. Schneider wird auf S. 2 des Gutachtens von Herrn Dr. Braun zitiert. In dem dort zitierten Gutachten musste Dr. Schneider Herrn J. bescheinigen, dass er "sofort und sehr gut in der Lage ist", seine "Forderungen gegenüber verschiedenen Ämtern genauestens aufzuzählen".

Eine sinnvolle Verständigung nicht möglich? Warum? Kennt sich der Arzt zu wenig in rechtlichen Dingen, insbesondere in renten- und krankenversicherungsrechtlichen Dingen aus? Erscheinen die Forderungen von Herrn J. dem Arzt nur deshalb als "zusammenhanglos", weil er die Sachlage nicht kennt? Und ist es etwa abnormal, wenn jemand, der jahrelang prozessieren muss, um zu seinem Recht zu kommen, seine rechtlichen und tatsächlichen Überzeugungen – wie Dr. Schneider moniert – auf einem entsprechenden Gefühlshintergrund vorträgt? "Affektbesetzt" ?? Der Widerspruch, dass Herr J. einerseits als "Psychopath" bezeichnet wird, was definiertermaßen beinhaltet, dass eine solchermaßen diagnostizierte Person als "gefühlsarm" bezeichnet wird, andererseits aber Herrn J. wiederum vorgeworfen wird, dass er sehr wohl in der Lage ist, Gefühle zu artikulieren, dieser Widerspruch scheint weder Herrn Dr. Schneider noch Herrn Dr. Braun zu stören.

Dr. Braun erwähnt des Weiteren, dass ein verkehrspsychologisches Gutachten von 1979 vorliegt, in dem festgehalten wird, dass Herr J. auf Grund "festgestellter Leistungsmängel" nicht mehr in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Dass dies Folge von mehreren Arbeits- und Haftpflichtunfällen von Herrn J. ist, von denen körperliche Beeinträchtigungen zurückblieben (u.a. Beinverkürzung), verschweigt der Gutachter. Was Wunder, wenn die Beeinträchtigungen im körperlichen Bereich liegen, dass dann die Gutachter nicht in der Lage waren, "in psychopathologischer Hinsicht eine Diagnose zu stellen", wie Dr. Braun feststellen muss.

Zu schlechter Letzt wird schließlich auch noch eine Frau Dr. Roswitha Huber mit einem Gutachten von 1982 zitiert. Die Frau Doktor sieht eine Krankheit bei Herrn J. als gegeben an, die ausschließlich im familiären Bereich gegründet sei. Er habe – als mittlerweile 40-jähriger! – im Jahre 1968 den Tod seiner Mutter und die Scheidung von seiner Frau nicht verkraften können. So die Frau Doktor. Bis zum Jahre 1968 bescheinigt die Frau Doktor Herrn J. "in allen Bereichen der Lebensbewältigung eine völlig unauffällige, normale Entwicklung."

Der Ärztin scheint es nicht beigekommen zu sein, dass die Tatsache, dass Herr J. gerade in diesen Jahren 1968 bis 1970 mehrere Arbeits- und Haftpflicht-Unfälle erlitt, die es erforderlich machten, dass er seine daraus resultierenden finanziellen, krankenversicherungs- und rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche für jeden einzelnen Fall gesondert einfordern und schließlich gerichtlich geltend machen musste, schlicht und einfach in tatsächlicher Hinsicht geleugnet werden kann. Es ist offensichtlich, dass die Ärztin die Probleme, die ihr in dieser Form nicht schmecken, in den privaten Bereich verschiebt. Ein jeder weiß, wie beschwerlich es ist, nach einem Unfall – bei Herrn J. waren es sogar mehrere – seine daraus entstandenen Rechte auch tatsächlich einzufordern. Ein jeder weiß, dass dies zum Teil Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte dauern kann, bis alles abschließend geregelt und geklärt ist. Der Frau Doktor scheint so etwas bisher noch nicht passiert zu sein, nicht einmal anlässlich ihrer sonstigen so genannten Kunstfehler (Ärzte, wenn sie unter sich sind, munkeln, ihr ganzer Berufsstand sei ein solcher!). Sonst könnte sie in ihrem Gutachten so nicht schreiben.

Die Berechtigtheit der Forderungen von Herrn J. ist bereits durch folgende Tatsache unter Beweis gestellt: Herr J. bekam schon von den verschiedensten Gerichten seine Forderungen anerkannt und bestätigt, so dass er rückwirkend bereits über 11.000 DM – zusammengesetzt aus jeweils gesonderten Rechtsansprüchen – zugesprochen bekam, die ihm Krankenkasse und BfA nachträglich auszahlen mussten.

Im Unterschied zur Frau Doktor, die offenbar nur den familiären Bereich im Auge hat, ist Herr J. zudem ein politisch interessierter und aufgeschlossener Mensch. Gerade die Jahre 1968 ff. waren in politischer Hinsicht sehr bewegt. Nicht zuletzt die sog. Studentenbewegung hat in der damaligen Zeit viele Menschen – und so auch Herrn J. – aufgerüttelt und ihnen gezeigt, dass man auch von Behörden und Versicherungs-Anstalten nicht alles ergeben hinnehmen muss. Diese Erfahrung war auch für Herrn J. wichtig und sie hat ihn darin bestärkt, nicht kampflos auf seine Rechte zu verzichten, sondern diese in einer gesellschaftlich anerkannten und gebilligten Weise, nämlich auf dem Rechtsweg einzufordern.

Dieser Lebens-Zusammenhang ist der Frau Doktor, die sogar tiefenpsychologische, psychodynamische, tiefen- und traumanalytische Aspekte nicht völlig ungeschoren lässt, glatt entgangen. Sie glaubt, Herrn J., dem zuvor vorgeworfen wurde, dass er Gefühle habe, eine "Unfähigkeit" zuschreiben zu können, "Gefühle zuzulassen, wahrzunehmen und zu integrieren". Nichtsdestotrotz musste aber auch Frau Dr. R. Huber abschließend die Frage der Prozess- und Geschäftsfähigkeit uneingeschränkt bejahen.

Ein Dr. Jacobi schließlich stellte im Jahre 1983 fest: "keine Psychose", "keine Hirnleistungsschwäche", "keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer schweren neurotischen oder psychopathischen Persönlichkeitsstörung". Statt dessen: "voll geschäftsfähig", "in der Lage seine Angelegenheiten selbständig zu erledigen."

Fasst man die ärztlichen Gutachten zusammen, die Dr. Braun in seinem Gutachten vom März 1984 zitiert, so stellt man fest, dass sich die einzelnen Gutachten in ihren Äußerungen gegenseitig widerlegen und das Ergebnis ist – abgesehen von einem Wortschwall in der "ärztlichen Gaunersprache" (Dr. med. August Bier) betreffend sog. Diagnosen – gleich Null.

 

2. Sind die ärztlichen Vorwürfe schon nicht geeignet, Herrn J. diagnostisch wenigstens unisono Übles nachzureden und damit im medizinischen Sinne eine bestimmte Feststellung über Herrn J. zu treffen, so sind sie erst recht nicht in der Lage, irgend etwas Rechtserhebliches über den Krankheitswert der zum Teil behaupteten, zum Teil diagnostisch ausgeschlossenen Krankheiten beizubringen. Schon gar nicht in Form auch nur halbwegs qualifizierter Angaben.

Dies gilt nicht nur für den bisher behandelten Teil des Gutachtens von Dr. Braun, sondern – das kann im Vorgriff festgestellt werden – für das gesamte Gutachten. Wenn Herr Dr. Braun "abschließend und zusammenfassend" vermeint, wie Dr. Funk und im Gegensatz zu den anderen Ärzten eine so genannte psychopathische Entwicklung, Querulantentum mit Krankheitswert ausmachen zu können, so ist dies im psychiatrisch-medizinischen Sinn Unsinn, denn eine "Entwicklung" unterstellt den neurosen-psychologischen Nachweis eines Primär-Konflikts beim Kleinkind in Verbindung mit dem Aktualkonflikt des Erwachsenen, nicht aber, wie vorliegend den Ämter-Konflikt, und im rechtlichen Sinne erst recht völlig unbeachtlich.

Denn der sog. Krankheits-Wert ist keine medizinische, sondern eine rechtliche Kategorie und die Herren Ärzte sind jedenfalls juristische Laien.

Der Krankheits-Wert wird im Standard-Werk für medizinische Begutachtung wie folgt definiert:

"Krankheit ist nur eine der Voraussetzungen des Tatbestands, an den das Gesetz Rechtsfolgen knüpft. Nicht jede Krankheit im medizinischen Sinne hat rechtlich "Krankheitswert". Für den Juristen gibt es Krankheit nur im Rechtssinn, im Sinn der Vorschrift, aus der sich ein Leistungs-Anspruch ableitet."

(Medizinische Begutachtung, Grundlagen und Praxis, Hans Hermann Marx, Thieme Verlag, 1981, S. 30)

Es ist bezeichnend und muss hier besonders hervorgehoben werden, dass weder Dr. Braun, der ansonsten uralt-verstaubte, krypto-biologistisch orientierte Gutachter zitiert (Hunger, Witter, fehlt nur noch Dr. Mengele, seinerzeit Auschwitz), noch Dr. Funk gerade bei diesem entscheidenden, wichtigsten Punkt: den Krankheitswert betreffend, auch nur ein einziges Zitat anführen können oder sich auch nur auf eine einzige "Kapazität" zu stützen vermögen. Denn der Krankheitswert ist hier, wo schon das Ärztliche nichts hergibt, das einzig rechtlich Relevante. Und Krankheit ist nicht gleich Krankheitswert. Krankheitswertig ist eine Krankheit erst dann, wenn sich daran Rechtsfolgen – z.B. versicherungsrechtlicher Art – knüpfen. Der Krankheitswert ist ausschließlich rechtlich definiert. Die Medizin hat keinerlei Möglichkeit auf eigenem Gebiet einen Krankheitswert zu beweisen. Die Medizin ist, zumindest der Rechtsform nach, weder der Gesetzgeber, noch das Versicherungsrecht, noch sonst dergleichen.

In rechtlicher Hinsicht (z.B. Schadensersatzrecht o.ä.) kann bei verschiedenen Krankheiten auch zwischen verschiedenen Graden von Krankheitswert unterschieden werden. Der Krankheitswert eines Knochenbruchs z.B. ist nicht so hoch zu veranschlagen als z.B. der Krankheitswert eines rheumatischen Fiebers. Der Knochenbruch sieht zwar unmittelbar viel dramatischer aus, ist aber viel ungefährlicher. Es ist eine Frage der Zeit, bis der Knochen wieder zusammenwächst. Das sog. rheumatische Fieber erscheint dagegen weit undramatischer und ungefährlicher, obwohl es tatsächlich weit gefährlicher ist. Es kann zum Verkleben der Herzklappen, zu Atemnot, Nierenversagen bis hin zum Tode führen.

Eine ärztliche Diagnose ist eine medizinische Beurteilung eines tatsächlichen Sachverhalts durch den jeweiligen Arzt. Sie ist selbst keine Tatsache als solche, vielmehr eine Meinung. Sie kann daher qua definitionem nicht zum Empirisch-Pragmatischen (= Tatsachenbereich!) gehören, sondern sie liegt vielmehr auf einer dogmatisch-ideologischen Ebene. Mit anderen Worten: sie ist Vor-Urteil und kann daher nie und nimmer justizrelevantes Urteilselement sein.

Ein per definitionem vor-urteilsfreier Richter kann sich deshalb nie und nimmer auf eine ärztliche Diagnose als eine tatsächliche Voraussetzung für die Prüfung der Prozessfähigkeit stützen. Er hat vielmehr selbst zu prüfen und zu entscheiden.

Insbesondere hat ein Richter zudem zu unterscheiden zwischen Krankheit im medizinischen Sinne und Krankheitswert im rechtlichen Sinne. Die Beurteilung des im rechtlichen Sinne einzig relevanten Krankheitswerts kann er in keinem Fall dem juristischen Laien Arzt überlassen. Aber auch die ärztliche Diagnose und das ärztliche Gutachten insgesamt hat der Richter nach Richtigkeit und Plausibilität zu beurteilen. Keinesfalls nach der ärztlichen Autorität. Schon gar nicht darf er sich durch einen unverständlichen Wortschwall an "ärztlicher Gaunersprache" (Dr. med. August Bier) beeindrucken lassen.

Dies hatte der Bundesgerichtshof (BGH) höchstrichterlich im Fall Klinikdirektor Selbach (Universitätspsychiatrie Berlin ./. Sozialanwalt Weigand) alle ärztlichen Aktivitäten vor Gericht und diesbezügliche richterliche Pflichten betreffend entschieden (Urteil des BGH vom 18.12.73, Az: VI ZR 113/71).

Der BGH hat in dieser seiner Entscheidung konstatiert:

  1. Prinzipiell unzurechnungsfähig in ausdrücklicher und tatsächlicher Hinsicht ist der Gerichtsgehilfe Arzt.

  2. Beim Richter liegt in jedem Fall die Haftung.

  3. Der Richter hat lediglich nach Richtigkeit und Plausibilität zu prüfen und zu urteilen, keinesfalls aber nach der ärztlichen Autorität.

Dieses BGH-Urteil wurde vom Bundesverfassungsgericht sogar zwecks nötig gewordener, noch detailgerechterer Spezifizierung aufgehoben und in seinem Kern dadurch verstärkt und bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat für ein Fehlverhalten des Arztes lediglich eine Mithaftung des Arztes festgestellt. Was die Prüfungspflicht des Richters betrifft, der sich nicht nach der ärztlichen Autorität richten darf, sondern selbst ausschließlich eigenes Urteilen und Beurteilen seiner Entscheidung zu Grunde legen muss, diesbezüglich wurde das BGH-Urteil vollinhaltlich vom Bundesverfassungsgericht bestätigt und bestärkt.

Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 29.1.1963 – IV G 137.62 – die Eigenverantwortlichkeit der Richter für die Entscheidung über etwaige Zweifel an der Prozessfähigkeit eines Verfahrensbeteiligten höchstrichterlich festgestellt.

In dieser Entscheidung hatte das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die Unterinstanz hätte sich einen persönlichen Eindruck von dem Kläger in dem betreffenden Verfahren verschaffen müssen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass dann das Verwaltungsgericht entgegen dem ärztlichen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen wäre, der Kläger sei doch prozessfähig.

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass sich ein Richter selbst ein eigenes Urteil über die Frage der Prozessfähigkeit bilden muss. Der Richter darf sich keinesfalls dem Arzt unterordnen und das Ergebnis einer ärztlichen Begutachtung übernehmen.

 

3. Auch die Krankenakten der HEILanstalt X, die Herr Dr. Braun in seinem Gutachten weiter verwertet, geben für den Nachweis einer Prozessunfähigkeit oder für den Nachweis einer Krankheit mit Krankheitswert, die auf eine solche schließen lässt, nichts, aber auch gar nichts her.

Es werden zwei kurzzeitige Einweisungen in die HEILanstalt X genannt. Einmal war Herr J. drei Wochen, das andere Mal vier Tage untergebracht.

Aus den Auslassungen des Dr. Braun lässt sich ersehen, dass Herr J. offensichtlich den Fehler gemacht hat, leichtsinnigerweise gegenüber Polizeibeamten – wie es heißt: – "suicidale Drohungen" geäußert zu haben. Und zwar anlässlich der Zwangsräumung seiner Wohnung.

Wer weiß nicht, dass allzu viele in plötzlichen Zwangslagen leichtfertig äußern: "dann bringe ich mich um" oder "dann kann ich mich ja gleich aufhängen", ohne dass sie beabsichtigen, einen so genannten Selbstmord zu begehen. Ist jedoch eine Amtsperson in der Nähe, wenn jemand eine solche Bemerkung macht, so kann ihm eine solche Äußerung zum Verhängnis werden. So war es auch bei Herrn J. Die Polizeibeamten brachten ihn wegen angeblicher Selbstmordgefahr in die HEILanstalt.

Weil Herr J. sich weigerte, mit den Ärzten zu sprechen ("bei der Aufnahme schwieg der Patient konstant"), dies dann aber nicht konsequent durchhielt, wurde er von diesen erneut fehlbegutachtet und diagnostiziert. Es wird behauptet, Herr J. "distanzierte sich nicht von seinen Drohungen". Kein Wunder, wenn er – wie im selben Satz festgestellt – "bei der Aufnahme konstant schwieg".

Herr J. wollte erklärtermaßen den Ärzten kein Material gegen sich liefern, da er wusste, dass jegliche Äußerung von seiner Seite gegen ihn verwendet werden konnte. Deshalb war er nicht bereit, mit den Ärzten ein Gespräch zu führen. In seiner Zwangslage gelang es jedoch Herrn J. damals nicht, jegliche verbale Äußerung gegenüber den Ärzten zu unterlassen. So wurde sein berechtigter Widerwille unterlaufen. Die Ärzte legten die fehlende Kollaborations-Bereitschaft von Herrn J. , die sein gutes Recht war und ist, als eine Krankheit aus. Sie behaupteten, es sei nicht möglich, ein sinnvolles Gespräch mit Herrn J. zu führen. Zugleich mussten sie jedoch feststellen, dass Herr J. "sehr wohl in der Lage war, nach Auskunft der Pfleger, durchaus geordnete Telefongespräche mit unbekannten Personen zu führen."

Dies stellt unter Beweis, dass es nicht an einer fehlenden Verständigungsfähigkeit auf Seiten von Herrn J. lag, wenn ein Gespräch mit den Ärzten nicht zustande kam. Es lag vielmehr anscheinend an der fehlenden Verständigungsfähigkeit der Ärzte für die Tatsache, dass Herr J. nicht mit ihnen sprechen, sondern freigelassen werden wollte, somit keinen "Verständigungswillen" auf der Basis des Eingesperrtseins hatte.

Von den Ärzten unter Druck gesetzt, er werde erst freigelassen, wenn er eine "Bleibe" habe, war Herr J. selbst und unverzüglich im Stande, sich eine solche noch aus der HEILanstalt heraus zu beschaffen. Er setzte sich mit dem Obdachlosenbeauftragten der Stadt B, Herrn M, in Verbindung. Herr Braun musste in seinem Gutachten feststellen: "In dem Gespräch mit Herrn M. hat Herr J. wohl vollkommen klar geredet und zum Ausdruck gebracht, dass dieser mich anrufen möchte und klarstellt, dass eine Unterkunft besteht."

Damit hat der Arzt selbst unter Beweis gestellt, dass es keineswegs an der fehlenden Verständigungsfähigkeit von Herrn J. lag, wenn – wie behauptet – keine sinnvollen Gespräche zwischen dem Arzt und Herrn J. zustande kamen, sondern an der fehlenden Verständigungsfähigkeit des Arztes, den Widerwillen von Herrn J. zu erfassen, seinen Widerwillen, der gegen die Zwangsräumung seiner Wohnung und die darauf folgende Klinikeinweisung ebenso wie gegen die Psychiatrisierung seines materiellen Problems durch die Ärzte gerichtet war und ist.

Dr. Braun behauptet, Herr J. habe sogenannte psychomotorische Anfälle gehabt. Die Betonung liegt hier auf "behauptet", denn ein solcher sogenannter psychomotorischer Anfall ist nicht nachgewiesen. Einmal ist der Patient des Nachts aus dem Bett gefallen. Dies kann passieren im Schlaf. Einmal hat er während eines Gesprächs mit einem anderen Arzt an seiner Kleidung herumgenestelt. Dies ist jedoch ebenfalls kein Beweis für einen psychomotorischen Anfall. Ein solcher Anfall ist schwer abgrenzbar von Verhaltensauffälligkeiten. Das Herumnesteln an der Kleidung kann ebensowohl Absicht als auch Verlegenheitsreaktion gewesen sein.

Ob Herr J. jedenfalls gelegentlich Verhaltenseigentümlichkeiten in Gestik und Mimik aufweist, die vom Gutachter pejorativ als sogenannte psychomotorische Anfälle bezeichnet werden, kann schon allein deshalb dahingestellt bleiben, weil es in vorliegender Sache völlig unerheblich ist. Denn von solchen Verhaltensauffälligkeiten würden weder für ihn noch für sonst irgend jemanden irgendwelche Beeinträchtigungen resultieren. Dies muss auch der Gutachter Dr. Braun zugestehen (S.17. "…ist es nicht zu psychischen Veränderungen als Folge von Krampfschäden des Gehirns gekommen.").

Die Frage, ob die behaupteten, jedoch in keinem einzigen Fall bewiesenen sogenannten psychomotorischen Anfälle bei Herrn J. vorlagen oder nicht, ist jedenfalls ohne Bedeutung für die Frage der Errichtung einer Pflegschaft.

Herr Dr. Braun war weder in der Lage, eine Anamnese zu erstellen, noch war er in der Lage, eine Fremdanamnese zu erheben. Die Akten-Vorgeschichte ist keine Anamnese und kann auch eine solche nicht ersetzen. Und eine Fremdanamnese konnte er laut Selbstbekunden nicht erhalten (vgl. S. 13 des sogenannten Gutachtens: "Eine Fremdanamnese wichtiger Bezugspersonen, insbesondere der Eltern, oder der früheren Ehefrau war nicht zu erhalten.").

Der solchermaßen erfolglose Arzt gebärdete sich dafür umso mehr, als ob er ein drittklassiger Privatdetektiv oder schlimmer noch: ein Fallensteller und Wilderer sei. Er verfolgte "die ausgelegte Fährte" (O-Ton Dr. Braun auf S. 8 seines Elaborats).

Ein großer Teil des sogenannten Gutachtens des Dr. Braun besteht demzufolge auch aus purer Dreckschleuderei gegen Herrn J., einer Dreckschleuderei wie von Höflingen im Dorf, die sich von einem Bittsteller belästigt fühlen und nur allzu gern die Gelegenheit wahrnehmen, ihre Langeweile an einem Einzelnen abzureagieren.

Dr. Braun, der offensichtlich eine Gelegenheit sieht, ungestraft wildern zu können, die Heilanstalt als sein Jagdrevier betrachtet, reagiert verletzt, da Herr J. die Grenzen des Reviers verletzte, indem er nicht mit dem Arzt redete. Ob Herr Dr. Braun Herrn J. als ein undankbares Beutetier betrachtete, den er deshalb umso brünstiger verfolgte und jagte? Bei all den unärztlichen, jeglichen Schutz der Intimsphäre missachtenden, um nicht zu sagen ordinären Dreckschnüffeleien könnte man es fast glauben. Jedenfalls können die auf den Seiten 8 bis 11 wiedergegebenen Auslassungen bestenfalls als Kolportage (Tratsch) bezeichnet werden. Dies ist dem auch bei Dr. Braun vorauszusetzenden ärztlichen Takt vor lauter Ausbeute-Taktik offenbar völlig entgangen. Musste er auf S. 13 seines so genannten Gutachtens doch selbst feststellen, dass er eine Fremdanamnese wichtiger Bezugspersonen nicht aufzuweisen hat. Na, dann eben Materialschlacht, ausschlachten, was sich nicht wehren kann! Unter einer Fremdanamnese im eigentlichen Sinne versteht man die Befragung nächster Angehöriger. Üblicherweise ist es so, dass der Arzt Geschwister, Eltern bzw. Ehepartner oder Kinder nach dem Patienten befragt. Die Angehörigen in ihrer Sorge und ihrem Bangen um den Patienten sind zumeist redlich bemüht, alles Wesentliche über den Patienten zu sagen, wobei sie schon durch ihre familiäre Bindung an den Patienten meist daran gehindert sind, mit ausgefallenen Einzelheiten wichtig zu tun, Einzelheiten, die vor allem in der Verzerrung durch einen Fremden ein völlig falsches Bild abgeben würden. Eine solche Fremdanamnese ist etwas völlig anderes als die zitierten üblen Nachreden, die der Arzt auf seinen Indianerpfaden entlang der "ausgelegten Fährte" (= Dreckspuren) auflas.

Bei allem Bemühen, Nachteiliges gegen Herrn J. aufzutischen, konnten die befragten Personen jedoch nicht umhin, Herrn J. zu bescheinigen, dass er sehr klug ist und ein sehr gutes Gedächtnis hat. Auch Dr. Braun musste bescheinigen, dass Herr J. "sehr klug" war und ist.

Wen wundert es, wenn Herr J. empört reagierte, wenn ihm etwa Fragen des Kalibers gestellt wurden: "Welchen Tag haben wir heute? Wann sind Sie geboren?", angeblich um seine sogenannte Orientiertheit zu beurteilen, für Herrn J. aber nur Ausdruck des platten Orientierungs-Defekts beim Fragesteller!

Dass Herr J. nicht nur gelernter Speditionskaufmann, sondern auch staatlich geprüfter Betriebswirt ist, davon ist in dem Gutachten nichts zu lesen. Davon hat sein "Schulkamerad" Dr. Bergdolt nichts zu sagen vermocht. Umso besser auskennen will sich aber jener Herr Arzt, wenn es im Zusammenhang mit Herrn J. um Präservative geht. Und sein Arzt-Kollege macht diese Anschwärze so liebevoll wie ungeprüft (gut-achterlich!) aktenkundig.

Angefangen hat es mit Auslassungen nicht nur der Ärzte, sondern auch der früheren Anwälte und des Pflegers von Herrn J. Sie alle zielen unter die Gürtellinie. Wen wundert’s also, dass jemand, wenn er sein Recht sucht, bei Gericht jedoch nicht findet, schließlich meint, seinerseits nur dann etwas zu erreichen, wenn zur Abwechslung auch mal er unter die Gürtellinie zielt. An Lehrmeistern aus dem Ärztlichen, Juristischen und Für-Sorgerischen über Herrn J. hinaus, wird wohl auch künftig kein Mangel sein. Eine Prognose, die andere zu verantworten haben, Herr J. jedenfalls zuallerletzt.

Dr. Braun vermeint, Herrn J. anlasten zu können, dass er mehrere Prozesse geführt hat und führt. Er sieht darin eine Fixierung auf Prozesse. Wenn nun Herr J. auf Schrebergärten "fixiert" wäre, wäre das dann auch etwas, womit er sich vom Durchschnitt seiner Mitbürger abheben würde? Würden sich Gutachter und Anwälte ebenfalls so echauffieren, wenn Herr J. in seinem Schrebergarten Unkraut jäten würde, es peinlich genau waschen würde, um es anschließend auf seinen Komposthaufen zu werfen; wenn er anschließend das Unkraut nochmals begießen und wenden würde, um es schließlich dann wegzuwerfen, und wenn Herr J. dies die ganze Saison lang betreiben würde, und dies vierzig Jahre lang, wenn Herr J. seine Kräfte und Energien demnach völlig sinnlos verschleudern und offensichtlich auf Absurdes projizieren würde, würden sich dann die Herren auch so ereifern?

Dr. Braun kolportiert ungeprüft – wie steht es eigentlich bei ihm um die Kritik- und Urteilsfähigkeit, d.h. um seinen eigenen "psychischen Befund"? – Herr J. habe innerhalb einer Woche 140 Verwaltungsgerichtsprozesse geführt, und jeden einzelnen in A. Und das sollen Gerichtsverhandlungen gewesen sein? 28 Stück also pro Tag, den 8-Stundentag zugrunde gelegt, knapp 10 Minuten pro Stück, pausenlos über Frühstück und Mittag hinweg. Herr Dr. Braun hätte verrückt werden müssen, oder, was nicht unbedingt ein Oder ist, am Recht verzweifeln, spätestens beim Korrekturlesen.

Man sieht, Herr Dr. Braun hat keine Ahnung. Welches Gericht verhandelt an einem Tag 28 Prozesse?

Denn schließlich: es war und ist nicht Herr J., den man dafür verantwortlich machen kann, dass es verschiedene Gerichte und verschiedene Rechtsmittel gibt, die laut Grundgesetz und Verfassung der Bürger in Anspruch zu nehmen hat, um zu seinem Recht zu kommen. Es ist nicht Herr J., sondern vielmehr das Gericht, das zum Beispiel einen einzelnen Vorgang in mehr als zehn verschiedene Teile zerstückelte, mit ebensovielen Aktenzeichen.

Herr J. hatte, wie bereits gesagt, mehrere Arbeitsunfälle. Aus jedem dieser Arbeitsunfälle waren ihm rechtliche Ansprüche erwachsen, die er gegenüber verschiedenen Behörden durchzusetzen hatte. Wenn man dies berücksichtigt und ebenso die Hartnäckigkeit gewisser Behörden und Versicherungen, mit der diese Leistungen verweigern, nimmt es nicht wunder, dass Herr J. zahlreiche Prozesse führen musste, um zu seinem Recht zu kommen. Es wird ja wohl keiner glauben, dass Herr J. die über 11.000.- DM vom Gericht nur deshalb zugesprochen bekommen hat, damit er dafür nicht weiter prozessieren solle. Er hätte wohl keinen Pfennig gekriegt, wenn er ihm nicht zugestanden hätte.

Auf kleine Böswilligkeiten und Bosheiten, kurz: standesgemäße, die auch Herr Dr. Braun in sein Gutachten eingestreut hat, soll hier nicht weiter eingegangen werden. So etwa auf die Tatsache, dass Herr Dr. Braun behauptet, Herr J. sei verrückt, weil er zunächst eine Zahnbürste, dann aber eine Brille verlangt habe, obwohl Dr. Braun in seinem Gutachten selbst schreibt, dass Herr J. Brillenträger ist und ihm die Brille gestohlen wurde.

Und die Behauptungen des ehemaligen Pflegers, des Herrn Fleckenstein, sind schon deshalb unerheblich, weil zwischen Herrn Fleckenstein und Herrn J. ein feindliches Verhältnis besteht, weshalb den Aussagen des Herrn Fleckenstein in keinster Weise irgendeine Objektivität zugeschrieben werden kann.

Auch im Dezember 1983 konnten die Ärzte nichts Krankhaftes bei Herrn J. finden, wie schon beim ersten Klinikaufenthalt, bei dem sie auch nichts gefunden hatten. Angeblich habe Herr J. Selbstmordabsichten geäußert. Hierbei kann es sich jedoch tatsächlich nur um pure Phantasieprodukte gehandelt haben ("Hirnfürze", wie Herr J. empört gesagt haben soll, Herr Dr. Braun aber ebenfalls und hinwiederum verewigt hat). Denn bekanntlich ist die HEILanstalt X der letzte Ort, an dem ein sog. Selbstmord verhindert werden könnte. Im Gegenteil: Erst vor kurzem wurde uns von Mandanten aus der HEILanstalt X, und zwar von mehreren Mandanten unabhängig voneinander berichtet, dass drei Patienten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren in der HEILanstalt X so weit getrieben wurden, dass sie schließlich den Tod der Aussicht auf lebenslanges Dahinsiechen unter Nervengift-Spritzen vorgezogen haben. Kein Arzt und kein Pfleger hat dies verhindert.

 

4. Zu dem, was im Gutachten als körperlicher, psychischer und neurologischer Befund bezeichnet wird

Der körperliche Befund bei Herrn J. ist altersentsprechend bestens. Außer den Narben, die von seinen Arbeitsunfällen herrühren, war bei Herrn J. lediglich eine etwas vergrößerte Leber festzustellen. Ungeachtet des unterstellten Leberschadens finden sich in dem Gutachten keinerlei Hinweise auf ein Leberleiden. Laut Auflistung der Herrn J. von den Ärzten verschriebenen Medikamente kann es sich bei diesem Leberschaden nur um einen iatrogenen handeln, um einen durch Ärzte verursachten also. Der Leberschaden ist mangels jeder sonstigen Erklärung im Gutachten und bis zum Beweis des Gegenteils direkte Folge der Medikamentenverabreichung.

Der neurologische Befund weist keinerlei krankheitsspezifische Eigentümlichkeiten auf. Herr J. hat laut Gutachten folglich ein allseitig intaktes und funktionsfähiges Zentralnervensystem. Mit einem solchen Zentralnervensystem könnte Herr J. sich jederzeit als Feinmechaniker, Uhrmacher oder Billardspieler betätigen. Lediglich ein "diskreter Herdbefund" wurde beim EEG festgestellt. Und dafür das viele Tegretal samt und und und. Aber von einem Blutbild weit und breit auch nicht die Spur. Dafür ein Carbamazepin-Spiegel, der gar nichts besagt, außer eventuell für die Kasse. Der Leberschaden sowie der "diskrete Herdbefund" im Gehirn (Durchblutungsstörung bei Blutarmut?) ist eher Folge einer schweren Schädigung der Blutbildung vor allem im roten Knochenmark als nicht, obligatorisch nicht nur bei Langzeit-Verabreichung von Tegretal. Denn das Tegretal ist auch laut Roter Liste, in der insbesondere die sogenannten Nebenwirkungen, d.h. die schädigenden und vergiftenden Wirkungen der Medikamente aufgeführt sind, ein hochwirkendes Blutneubildungs-Gift (Hämatopoese-Toxin).

Herr J. ist offensichtlich Opfer eines schweren, so genannten Kunstfehlers der Ärzte. Denn es ist absolut unverantwortlich, dass ihm über Jahre und Jahrzehnte hinweg Tegretal verschrieben wurde, obwohl er weder ein gesichertes Anfallsleiden hat, noch diesbezügliche Beeinträchtigungen aufweist.

Die Wirkung des Tegretal besteht also in einem Vergiftungseffekt, auch und insbesondere auf die blutbildenden Organe, wobei die Auswirkungen auf das rote Knochenmark besonders gravierend sind. Folge laut Roter Liste: Störung der Blutbildung, d.h. sogenannter Blutkrebs: Dabei statistische Überlebensdauer ½ Jahr! (sogenannte Leukozytopenie, Thrombozytopenie, aplastische Anämie).

Durch die Vergiftung mit Tegretal kann es also bei Herrn J. zu schweren Blutbildungsstörungen gekommen sein, die infolge einer daraus resultierenden diffusen Minderdurchblutung vor allem der betreffenden Gehirnhälfte zu den erwähnten, sog. diskreten Herdbefunden geführt hat, Leberverfettung einbegriffen (sekundärer Caeruloplasmindefekt als Ausdruck der Leberstoffwechselstörung? Kupfermangelsyndrom? Hepatolentikuläre Dyskinesien, die "psychomotorischen…"? Alles unerörtert, aber Kolportage über Kolportage.

Von Tegretal ist auch bekannt, dass es vor allem beim Manne, eine enthemmende Wirkung auf das Verhalten hat. Sollte Herr J. zu Pornographismen Anlass gegeben haben, die erst im Gutachten zu solchen werden, so sind diese "medikamentöse Nebenwirkung" urärztlicher HEILsgeschichte. Es ist lediglich der Festigkeit der Persönlichkeit von Herrn J. zuzuschreiben, wenn dieser unter jahre- und jahrzehntelanger Tegretal-Einwirkung nicht, wie bereits bei anderen Tegretal-Geschädigten beobachtet, etwa vor den Augen sämtlicher anwesender Ärzte, Pfleger und Mitpatienten sich über dem Waschbecken selbst befriedigt. Die ihm unterstellten angeblichen Entgleisungen seines Ausdrucksverhaltens sind demnach wohldurchdachte Unmutsäußerungen und Abwehrreflexe gegen eine Zwangstherapie, über deren sogenannte psychotrope luxusconsumptive Effizienz er aber ebensowenig aufgeklärt ist, wie dies seine gutachtenden Doktoren sich selbst und nicht zuletzt auch ihm schuldig gewesen wären.

Pflegschaftsrelevant, krankheitsrührig oder gar krankheitswertig ist auch an diesem Teil der Kolportage zum Nachteil von Herrn J. rein gar nichts. Auch standes- und anderweitig Ehrenrühriges entfällt. Das gibt’s scheint’s nicht.

 

Zu dem, was als psychischer Befund bezeichnet wird:

Ein psychischer Befund soll Auskunft geben darüber, ob der Untersuchte

  1. bei Bewusstsein ist,

  2. ob und in welchem Ausmaß die wahlweise und durchaus nicht ungeschickt zu gestaltende explorative Situation ergibt, dass der Untersuchte fähig ist, sich zu orientieren hinsichtlich Raum, Zeit, Person, Situation, Umständen, Umweltmerkmalen; Kritik- und Urteilsfähigkeit, Erfassen von Unterschieden, schlüssiges Reagieren darauf, usw.

  3. Wie ist das Antriebsverhalten, d.h.: wirkt der Untersuchte beispielsweise frisch oder abgespannt, jugendlich oder welk, schwerfällig oder agil, stumpf oder vigil usw.

  4. Wie ist die Stimmungslage? Gehoben oder gedrückt? Ausgeglichen oder verstimmt? Euphorisch oder depressiv? Alteriert oder moderiert? Usw.

  5. Bewusstseinsstatus. Gleichbleibende Bewusstseinslage und Aufmerksamkeitsspannung? Graduelle Steigerungsfähigkeit bei Anregung (ggf. welcher)? Rasche Erschöpfbarkeit unter Nachlassen der Aufmerksamkeitsspannung? Ablenkbarkeit? Beeindruckbarkeit? Suggestibilität? Bewusstseinsinhalte: potentialiter, aktualiter, Verarbeitungsweisen, Assoziationsfähigkeit, Fixationsfähigkeit, Schichtspezifisches, Vordergrund, Hintergrund usw.

  6. Affekte: Neigungen, Abneigungen, Fülle, Minderung. Ausdruck frei? eingeschränkt?

  7. Verhalten: Physiognomik, Pathognomik, Mimik, Gestik, Modulation, zugewandt? abgewandt? auffällig? unauffällig? aufdringlich? zurückhaltend? usw.

Dies alles zu beantworten, gehört sich so bei einem "psychischen Befund". Denn auch dieser erhebt Anspruch auf Objektivierbarkeit und sei es auch nur im reduzierten Umkreis wohlmeinender Fachkollegen. Umso mehr ist es für den Laien ein Leichtes zu erkennen, dass es sich vorliegend weder um einen "psychischen Befund" noch um sonst irgend Objektivierbares und als solches Kommunizierbares handelt und je gehandelt haben kann.

Das Ganze ist von A bis Z eine einzige Rache-Suada.

 

5. Zur "Zusammenfassung und Beurteilung" in Dr. Brauns Gutachten

Psychomotorische Anfälle werden behauptet, obwohl auch bis zum Schluss keine hinweisgebend auch nur halbwegs komplette Beschreibung des Anfallsgeschehens ersichtlich ist. Eine Epilepsie wird verneint (bekanntlich aber gelten besagte Anfälle als epileptische, Anm. d. Uz.). Von Schizophrenie ist keine Rede. Eine hirnorganische Störung wird verneint. Eine Psychose wird ebenfalls verneint. Behauptet wird eine angebliche "schizotypische" Fixierung.

Der Begriff "schizotypisch" ist sowohl im psychiatrischen als auch in jedem andern Bereich unbekannt. Was es gibt ist: "schizothym". Hier ist also nichts über eine Krankheit von Herrn J. ausgesagt, sondern allenfalls ein Verdacht auf einen psychiatrierelevanten Neologismus des Arztes angezeigt. Für eine paranoide Psychose finden sich laut Gutachten ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte. Was übrig bleibt, ist ein behauptetes "Querulantentum", über dessen Krankheitswert und damit über dessen juristische Relevanz der Gutachter als Arzt und juristischer Laie jedenfalls keine Aussage treffen kann.

Magisches Denken und Beziehungsideen werden behauptet, jedoch mit keinerlei Verhaltensweisen oder verbalen Äußerungen von Herrn J. unter Beweis gestellt. Extrem starke soziale Isolierung wird ebenfalls behauptet, obwohl der Arzt in seinem Gutachten das Gegenteil unter Beweis gestellt hat: Zur Überraschung der Ärzte hatte Herr J. sich bestens mit Anderen verständigen können, spontan mit ihm fremden Personen, wie z.B. dem Obdachlosenbeauftragten, Kontakt aufnehmen können. Herr J. nimmt am Tagesgeschehen regen Anteil und seine politische Interessiertheit ist bis 1968 zurückzuverfolgen. Eine gewisse Kontaktlosigkeit und soziale Isolierung ist allerdings bei dem Herrn Gutachter anzunehmen, der eindrucksmäßig unausgelastet und unausgefüllt bzw. überqualifiziert ist. Denn sonst hätte er sich keinesfalls auf den Indianerpfad und auf Fährtensuche begeben. Und andernfalls hätte er es wohl auch nicht geschafft, 2.400 Aktenseiten – wie er behauptet – für dieses Gutachten durchgearbeitet zu haben. Bei der behaupteten Aktenmenge hätte der Arzt pro Tag mindestens 60 Seiten lesen müssen. Zwar ist von Goethe, der nicht nur Geheimrat, sondern auch so ein bedeutender Dichter war, bekannt, dass er pro Tag "ein Büchlein angelesen" hat, sein Urteil einem Hölderlin gegenüber ist jedoch ähnlich vernichtend wie das Urteil eines Dr. Braun gegenüber Herrn J. Aber Goethe durfte irren. Er war nur von Haus aus Rechtsanwalt und Autorität genug, sich sicher zu sein, dass einen solchen sich kein Hölderlin leisten kann, als armer, bei ihm abgeblitzter Hauslehrer, des Risikos wegen schon garnicht. Wer sagt, dass sich die Zeiten ändern? Ein Rechtsanwalt als Rechtspfleger macht jedenfalls aus einem Musensohn noch längst nicht den Arzt, der einen rechtschaffenen Menschen, wie Herrn J., in Frieden sein lässt, wie er ist.

Unterschrieben ist das weder nervenfachärztliche noch psychiatriefachärztliche Gutachten von einem Arzt für Psychiatrie (Gegenzeichner) und einem Arzt für Nerven (Verfertiger). Das ist wie eine Mischung aus Esel und Pferd. Aus Esel und Pferd wird vielleicht ein Maultier, vielleicht gar ein Pegasus im Joch. Das taugt nichts für Herrn J. Er will sein Recht, nicht aber andere um ihr Recht bringen. Er pflegt das Recht auch für andere, obwohl er zum finanziellen Schaden auch noch den medi-zynischen Spott hat. Er kennt die Grenzen seiner erfüllbaren Forderungen, und die Schranken des prozessual Möglichen sind ihm von der HEILanstalt X her schon allzu geläufig. Die Prognose ist keine Progredienz-Frage, wie der gerichts- und weltfremde Gutachter meint, sondern Rechts-Frage, betreffend die Gesamthöhe der Schadensregulierung minus DM 11.000. - - . Die Prognose ist günstig, mit Pflegschaft aber erfahrungsgemäß infaust. Herr J. vegetiert ohne eigenes Verschulden unterhalb des Existenzminimums, aber mit guter Aussicht, sein Auskommen zu haben, weil schon bald die Kinder selbst verdienen. Um nicht auf Grund der jetzt noch bestehenden Misere zum Pflegefall gemacht zu werden, müsste er seine prozessualen Anstrengungen vervielfachen, sollte ihm durch Einrichtung einer Pflegschaft erneut der freie Zugang zum Recht beschnitten werden. Eine daraus möglicherweise aufsteigende Verschlimmerung der Unfallschadenfolgen wäre dann nach Maßgabe der richtunggebenden Verschlimmerung wesentlich mitverursacht durch die Pflegschaft, über die bisherige Gutachterei hinaus weiteres Öl ins Feuer – –.

 

III. Zusammenfassung:

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage ist festzustellen, dass Herr J. – entgegen der anderslautenden Behauptung im Gutachten des Dr. Braun – voll geschäfts- und prozessfähig ist.

Dr. Braun hat in seinem Gutachten ein völlig verzerrtes, einseitiges und verfälschendes Bild von Herrn J. entworfen. Der berufliche und gesellschaftliche Werdegang von Herrn J. wurde von Dr. Braun völlig außer Acht gelassen. Die Gutachten, die Herr Dr. Braun unter der Rubrik Aktenlage zitiert, sind lediglich geeignet, sich gegenseitig in ihren Aussagen aufzuheben. Auch die Krankenakten der Heilanstalt X ergeben nichts Nachteiliges über Herrn J. Er wurde auf pure Vermutung hin eingewiesen und musste nach einer dreiwöchigen Beobachtung wieder entlassen werden. Seine Weigerung, mit den Ärzten zu kollaborieren, war durchaus berechtigt, wie jede einzelne Seite in dem sogenannten Gutachten von Dr. Braun unter Beweis stellt. In seinem Bestreben, dennoch irgendetwas Krankhaftes und Nachteiliges gegen Herrn J. in Erfahrung zu bringen, gebärdete sich Dr. Braun schließlich eher als Privatdetektiv oder Fährtensucher, denn als Arzt. Die diesbezüglichen Kolportagen und üblen Nachreden zum Nachteil von Herrn J. sind sowohl medizinisch als auch juristisch irrelevant. Das, was unter neurologischem, psychischem und körperlichem Befund abgehandelt wird, enthält zum einen Aussagen über eine gute körperliche und neurologische Verfassung von Herrn J., zum anderen erschöpft sich der sog. psychische Befund in einer Rache-Suada des Gutachters.

Die festgestellte Leberverdickung und der diskrete Herdbefund im Gehirn sind als Folgen einer jahrelangen Fehlbehandlung mit Tegretal zu beurteilen.

Nach der Vielzahl aufgestellter und wieder verworfener psychiatrischer Diagnosen bleibt einzig die Behauptung, bei Herrn J. läge ein sogenanntes Querulantentum vor. Dies ist jedoch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in keinster Weise unter Beweis gestellt. Wohl aber das Gegenteil: Herr J. hat, ausweislich schon erfolgter Teilregulierung, gestützt durch Gerichtsentscheidungen berechtigte Ansprüche.

Erst recht ist in dem so genannten Gutachten des Dr. Braun nichts über den Krankheitswert der behaupteten Krankheit festgestellt. Es gibt ihn, Herrn J. betreffend, juristisch sowieso nicht, und auch ärztlich nur als unbeachtliche Meinung.

Das Gericht hat gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs sowie des Bundesverwaltungsgerichts die Pflicht, die ärztlichen Behauptungen nach Richtigkeit und Plausibilität zu prüfen. Der Richter hat zu urteilen, er darf sich nicht dem ärztlichen Vor-Urteil kritiklos unterwerfen.

Aus all dem ergibt sich, dass das Gericht den Antrag auf Bestellung eines Pflegers für Herrn J. aus allen rechtlichen und tatsächlichen Gründen zu verwerfen hat.

 

Beistand im Krankheitswesen

 

Beschluss des Amtsgerichts

  08.05.2019