erstmal vielen Dank für Ihren Brief an den KRRIM-Verlag. Was ist
der KRRIM-Verlag? Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen: Wir, KRRIM, veröffentlichen
nur pro-Krankheitstexte und zwar nachdem wir die Krankheitskraft
betätigt haben. Unsere Texte beruhen auf unserer Theorie des Krankheitsbegriffs,
die alles mitumfaßt, wohlgemerkt: alles. Unsere Texte sind also nicht
Ausdruck irgendeiner "Theorie", ausgedacht an irgend einem Schreibtisch.
Diese unsere Theorie der Revolution:
pro Krankheit das Prinzip, Ärztekrieg der strategische Hauptpunkt,
ohne den es ein Ende der Unterdrückung und einen Anfang der Befreiung
in keiner, aber auch in gar keiner Befreiungsbewegung je geben kann, keine
Utopathie, das heißt: keine Menschengattung je. Also alles aus einem
Guß, nämlich Prinzip, Methode, Ziel. Diapathik nennen wir das,
weil es eine materialistische Dialektik ist, erstmals eine materialistische
Dialektik, materialistisch, weil im Stoff der Krankheitsdynamik vorgegeben,
die herzustellende Menschengattung das zugehörige energetische
Spannungsfeld, Krankheitskraft das sich dabei ereignende Agens, erkennbar
an seinen, Neuwirklichkeit herstellenden, realitätssprengenden Ein-
und Auswirkungen.
Diese unsere Theorie also ist das Ergebnis einer kollektiv bewirkten
Praktik (Pathopraktik), und dafür legen unsere veröffentlichten
Texte Zeugnis ab. Als solche können und sollen sie, auch für
andere, Mittel der Aktion werden.
Unsere Wurzeln, das ist das SPK, die erste Kriegserklärung gegen
alles Ärztliche, und zwar in der tatsächlichen Durchführung.
In Frankreich war es Jean-Paul SARTRE, der das Vorwort verfaßte,
nachdem er unseren Agitationstext SPK - AUS DER KRANKHEIT EINE WAFFE
MACHEN gelesen hatte. Dabei stellte er „den tatsächlichen
Fortschritt fest, den das SPK darstellt“ und forderte uns auf, „mit allen
Mitteln zu kämpfen, denn die Herrschenden unserer Gesellschaft legen
es darauf an, Euch an der Fortführung Eurer praktischen Arbeit
zu hindern.“ Diese Aufforderung war uns eine zusätzliche Ermutigung,
haben wir doch mehrmals und wiederholt unter völlig veränderten
Bedingungen, zum Beispiel nach dem Gefängnis und aus dem Nichts heraus,
von allen sonstigen, vor allem „linken“ Behinderungen erst gar nicht zu
reden, das SPK wieder aufgegriffen und es als Patientenfront und Multi-Fokalen
Expansionismus
(MFE) weit über seine erste empirische Form hinausgetrieben und neu
verankert, und zwar bei weitem nicht nur in (im herrschenden Iakapismus
„naturgemäß“ oft „vielmals umsonster“)
praktischer Arbeit.
Wir nennen uns Patienten in der PATIENTENFRONT, denn wir sind keine
Arzt-Patienten. Wir haben uns nämlich befreit vom HEILsterror, der
bei weitem nicht nur den Kranken in seiner Isolierung festhält, gerade
so, als wäre alles nur eine Sache des Einzelnen.
Es ist nicht nötig, deutsch zu lernen. SPK - AUS DER KRANKHEIT
EINE WAFFE MACHEN (SPK - FAIRE DE LA MALADIE UNE ARME) ist auf französisch
geschrieben. Wir kennen viele, die allein durch die Worte AUS DER KRANKHEIT
EINE WAFFE MACHEN und einige zusätzliche Informationen wenigstens
wieder Hoffnung geschöpft haben. (Sie selbst klagen ja in Ihrem Brief
an uns unter anderem über Hoffnungslosigkeit, und schon manchen Anderen,
die sich erstmals an uns gewendet haben, ist es ähnlich ergangen.
Hoffnungslosigkeit ist ja angesichts der bestehenden Verhältnisse
alles andere als unrealistisch, aber kein Grund zu verzweifeln). Manche
haben das Buch selbst nie oder nur teilweise gelesen, andere davon haben
es nie oder erst Jahre später in Händen gehabt. Sie alle scheinen
den Eindruck gehabt zu haben, daß es Hoffnung gibt, weil welche erkannt
haben und daran arbeiten, eben gerade wegen Krankheit alles und sich selbst
revolutionär zu verändern. Das ist die Hauptsache. Mehr und anderes
kann es nicht geben. Für die Verbreitung unserer Bücher gesorgt
zu haben, dafür kann niemand dem KRRIM-Verlag je dankbar genug sein.
Nicht einmal unsere Bücher wollen eine Hilfe sein, sondern nur
ein Hilfsmittel, ein Werkzeug, um sicherer zu werden im Erfassen dieses
Besonderen einer Revolution, eben dieses Besonderen, das in allen bisherigen
Revolutionen unbeachtet geblieben ist und als Krankheit immer nur verächtlich
gemacht wurde. So auch schon in der Großen Französischen Revolution
von 1789 in Frankreich, die bürgerliche Revolution oder - wie wir
es vorziehen zu sagen - der révolution normoise ou la révolution
des normoisiens.
Prüfen Sie selbst, ob das Mitgeteilte Ihnen etwas sagt. Wir würden
uns freuen. Über das Mitgeteilte hinaus ist es auch nicht wichtig,
HUBER zu kennen und zu wissen, worin er sich außerdem von SARTRE
unterscheidet (Sie haben uns ja nach diesem Unterschied gefragt). Wir
alle sind, bei aller Verschiedenheit untereinander, schon lange engstens
miteinander verbunden, mindestens so eng, wie Krankheit mit jedem Einzelnen
von uns. Das ist es, was wir sind und, mit SARTRE zu reden, definieren
wir eben dies durch das,was wir gemeinsam tun, leben und
erleben.
Wir haben Ihre Fragen mehrmals gelesen und jedes Wort unserer Antwort
ist nicht nur einfach so hingeschrieben, sondern von mehreren genauestens
und sorgfältig überlegt, auch in allem, wovon wir jeweils entschieden
haben, es der Genauigkeit in der Sache wegen als überflüssig
und verzichtbar wegzulassen.
Für diese Stellungnahme zeichnet selbstverantwortlich KRANKHEIT
IM RECHT, und zwar im Auftrag und als Teil der, auch durch Länder-
und Sprachgrenzen nicht einschränkbaren PATIENTENFRONT.
Mit freundlichen Grüßen
MFE Frankreich