Vor einem Jahr: Marx im Käfig.
Heute: Uni-Präsident hinter Gittern?
Am 21. Mai 2011 haben wir beim öffentlichen Marx-Kongreß an der Berliner Humboldt-Universität ("Einladung an alle, Anmeldung nicht erforderlich") Flugblätter über Iatro-Imperialismus und Krankheit verteilt. Großes Interesse bei den Leuten, von Seiten des Uni-Präsidenten aber Strafanzeige gegen uns wegen Hausfriedensbruchs, um uns zu vertreiben. Das war vor einem Jahr.
Und heute? Heute, ein Jahr später hat sich das Blatt gewendet: das Verfahren gegen uns ist eingestellt, aber das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Uni-Präsidenten, Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz sowie gegen einen sog. Security-Wachmann ist bei der Berliner Staatsanwaltschaft weiterhin in Bearbeitung. Wir hatten Strafanzeige erstattet gegen die Genannten und Strafantrag gestellt aus allen rechtlichen Gründen, insbesondere wegen falscher Verdächtigung, übler Nachrede und Nötigung. Der Security-Wachmann, die Rechtsstelle der Universität und der Uni-Präsident selbst mußten mehrfach schriftlich Stellung nehmen zu dem, was wir in unserer Strafanzeige in aller Ausführlichkeit gegen sie aufgelistet hatten. Material für eine weitere Strafanzeige ist vorhanden.
Wir haben die Sache vom Kopf auf die Füße gestellt. Wie kam es dazu? Dank der kollektiven Kraft aus der Krankheit. Was ist das? So kann das aussehen:
Als erstes haben wir den Vorfall öffentlich bekannt gemacht und noch in der Nacht in unserer Stromzeitung darüber berichtet. Am nächsten Tag haben wir das auch per Flugblatt verbreitet.
Auch haben wir sogleich die Fachschaft Philosophie, das Studentenparlament und die studentische Interessenvertretung (RefRat) bei ihren jeweiligen Treffen informiert und zum Handeln aufgefordert, ging es doch um vor allem sie betreffende wichtige politische Belange (Freiheit der politischen Betätigung an der Uni).
Die Polit-Aktivisten aber waren reaktionsgelähmt (meistens ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll. Man nennt das "cool". Wir würden sagen: gefesselte Krankheit). Wir wurden darüber belehrt, daß es das laufend gibt, daß Leute angezeigt werden wegen Hausfriedensbruchs, das sei überhaupt nichts Besonderes, da gäbe es "Tausend Fälle". Bei dem zuständigen Polizeirevier beklage man sich schon seit langem, daß sie von der Universität mit so arbeitsaufwendigen wie sinnlosen und rechtlich abstrusen Strafanzeigen eingedeckt werden. Ob die Studenten sich das auf Dauer gefallen lassen wollten? Keine Antwort. Daß die Politischen dann aber auch noch das Hausrecht des Präsidenten gegen politische Aktivitäten verteidigten, das hat uns dann doch überrascht, zumal sie, einer war Jurastudent, die aktuelle Verfassungsgerichtsentscheidung kannten: Recht auf Versammlungsfreiheit bricht Hausrecht. Statt sich um die Interessen der Studenten zu kümmern, dafür wären sie ja da, waren die Angesprochenen vor allem bestrebt, ihr gutes Einvernehmen mit den Uni-Oberen zu erhalten und zwar durch Ruhe bewahren. In unserer letzten E-Mail an den RefRat zogen wir folgenden Schluß:
Bei dem von uns verteilten Flugblatt ging es um Krankheit. Sie erfaßt zweifelsohne auch Studierende der Humboldt-Universität. Die vielen, die im Studium nicht mitkommen, die Anforderungen nicht aushalten, zwischen Prüfungsdruck und nicht bezahlter Miete zerrieben werden, die findet man nicht im RefRat mit seinen Idiotes-Politikspielchen, sondern auf dem Grunde der Spree oder mit abgetrenntem Kopf neben dem Bahngleis. Folge einer "Bildungspolitik" unter dem Diktat des Profits und der maximalen Ausbeutung auch der akademischen Ware Arbeitskraft, exekutiert von den Uni-Oberen. Deren Nähe suchen die beiden studentischen Vertreter. Was aber haben sie dann in einem RefRat zu suchen? Der RefRat kann sich auflösen und künftig als Hilfssheriff auf dem Campus patrouillieren!
Wir haben auch sämtliche Partner-Universitäten der Humboldt-Universität in aller Welt (etwa 80) über den Vorfall informiert. Anders als beim RefRat gab es da Antworten und Initiativen. Anfragen bzw. Proteste, unter anderem aus Spanien und aus Kolumbien, haben den Präsidenten der Humboldt-Universität erreicht. Es wurde dabei an die Geschwister Scholl erinnert, die das Flugblattverteilen in der Universität mit ihrem Leben bezahlen mußten.
Vor der Sitzung des Konzils und des Akademischen Senats am 5. Juli 2011 haben wir alle Sitzungsteilnehmer per E-Mail unterrichtet.
In Buchläden haben wir den Text aus der Stromzeitung und das Iatro-Imperialismus-Flugblatt ausgelegt. Das hat viele interessiert, es gab Unterstützung und einige haben über Bekannte an der Uni nachgefragt und protestiert.
Die kongreßveranstaltende Philosophieprofessorin distanzierte sich von dem präsidialen Strafantrag und wollte es nicht gewesen sein, während ihre studentischen Hilfskräfte vor allem darum bemüht waren, uns zu beschwichtigen und von weiteren Angriffen abzuhalten.
In unserem Bericht über den Vorfall hatten wir in unserer Stromzeitung geschrieben:
Die Frontpatienten wurden vom Universitätsgelände vertrieben. Die Ärzteherrschaft (Iatro-Imperialismus) ist geblieben. Oder sind, kaum waren wir weg, auch die Strahlenkanonen gegen Krebskranke verschwunden, ist das euthaNAZIstische Morden in den Altersheimen gestoppt, das Gemetzel auf den Operationstischen samt Organraub?!
Inzwischen gibt es das Organbeschaffungsgesetz. Die Ärzte machen Jagd auf Körperorgane. Regierung und Parlament unterwerfen sich der Doktatur und stellen das gewünschte Organbeschaffungsgesetz bereit. Mandat für Blutbad. Aber es gibt auch schon die erste Strafanzeige gegen die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und gegen die Bundesärztekammer wegen Mordes und Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Glücklich, wer damals unser Flugblatt bekam. Er war vorgewarnt:
... Iatro-Imperialismus, ein sogenannter Freier Markt, ein Imperialismus rund um die Organbank heute. Ein Imperialismus, der z.B. heute mit den Organen von Kindern handelt, ebenso wie weit entfernt mit Ländern und Völkern, wie in den marxistischen Büchern festgehalten.
SPK/PF(M), PF/SPK(H), 27.06.2012