Angst
I Kritische Betrachtung der philosophischen und sozio-biologischen Angstproblematik
Die aus Gründen der Übersichtlichkeit
erstrebenswerte Trennung zwischen empirischen Tatsachen und philosophischer
Sinngebung ist wegen der engen Verflechtung geisteswissenschaftlicher,
sozio-physio- und psycho(patho)logischer Dimensionen, die in der Vielfalt der
Angstphänomene miteinander verschmolzen sind, schon allein deshalb nicht
möglich, weil Enge, Spannung und Pression als empirische Sachkorrelate des
Begriffs Angst durch das philosophische Vorverständnis bereits in ihrer
Sinndeutung festgelegt sind; vereinzelt genommen, muß ihr Bezug zur Angst völlig
dunkel bleiben.
Umgekehrt ist jede philosophische Aussage über das Phänomen Angst an die
Voraussetzung empirisch aufweisbarer Angstgefühle geknüpft, deren Entstehung
ebenso wie ihr jeweiliger soziokultureller Stellenwert durch die herrschenden
philosophischen Sinndeutungen zumindest auf Umwegen vermittelt ist.
In der philosophischen Tradition und in der empirischen Forschung überwiegt die Tendenz, Angst als eine metaphysisch oder biologisch vorgegebene Grundtatsache zu hypostasieren. Die Voraussetzung, daß Angst dem lebendigen Wesen notwendig mitgegeben ist, beginnt in der philosophischen Tradition, so weit wir sehen, erst seit HEGEL (s. unten) fragwürdig zu werden. Empirischerseits ist diesbezüglich auf W. REICH zu verweisen: "Würde die Außenwelt nur Lust und Befriedigung bringen, so gäbe es kein Angstphänomen".
Noch überwiegt allenthalben die weltanschaulich und politisch motivierte Ideologie, die Angst und Furcht als pädagogisch, psycho-hygienisch und eschatologisch gut zu heißende Stabilisatoren eines menschenvernichtenden "Fortschritts" (LAING) glorifiziert und dadurch die wissenschaftliche Betrachtungsweise verfälscht (W.F. HAUG).
Auch moderne wissenschaftliche
Theoriebildungen wie beispielsweise der Strukturalismus entgehen nicht dem
Rückfall in diese Art von Angstmetaphysik. So etwa, wenn M. FOUCAULT an S. FREUD
kritisiert, er führe das psychische Geschehen insgesamt auf den mythischen
Begriff der Libido zurück, um dann seinerseits mit dem Begriff Angst in noch
viel mythischerer Weise zu operieren.
Es spricht vieles dafür, daß es sich bei Angst um ein sekundäres, erlerntes
Phänomen handelt. Auch die philosophische Betrachtungsweise kann daher heute an
einzelwissenschaftlichen Ergebnissen nicht mehr vorbeigehen, die, in Gestalt
z.B. des Neo-Behaviorismus, Angst und Furcht als sekundäre Antriebe erfassen.
Dies nämlich legt den Schluß nahe, daß in einem Bedürfnisbefriedigung und Schutz
optimal gewährenden Milieu aufgewachsene Lebewesen die Bedingungen für
angstgesteuerte Lernvorgänge und Reaktionsabläufe, somit Angst selbst nur
vermittels äußerer Einflüsse erwerben.
Desgleichen wird eine Wissenschaft, die ihre Funktion in der Befreiung des Menschen von naturgegebenen und gesellschaftlichen Zwängen im allgemeinen und insbesondere in der Befreiung des Menschen von Angstbereitschaft sieht – der wohl stärksten Fessel jeglicher Emanzipation –‚ eine solche Wissenschaft wird den Hinweis auf folgende Befunde besonders ernst nehmen: es gibt angstfreie Sozietäten, die bis zu ihrer Berührung mit der Zivilisation weder seelische Behinderungen jeglicher Art noch Kriminalität aufwiesen (Trobriander). Desgleichen gibt es aggressionsfreie Gesellschaftsformen (Dogon).
Die Hauptursache für die Entstehung
der Angstbereitschaft besteht nach W. REICH in der Unterdrückung der
frühkindlichen Sexualität (S. FREUD).
Die geschichtlich erstmalige Dokumentation von Angst am Ausgang der Antike (W.
SCHULZ) steht im Zeichen der durch Gnosis und frühes Christentum artikulierten
Weltangst, wobei sich das Individuum in der ausweglosen Enge eines durch
Erbsünde verschuldeten gebrochenen Verhältnisses zum lohnenden und strafenden
Gott und der vom Teufel beherrschten Welt vorfindet. Es ist denn auch innerhalb
der biblischen Überlieferung nirgends ersichtlich, wo jüdische und christliche
Religion es unternommen hätten, den Menschen als grundsätzlich angstfreies Wesen
anzusprechen. Gerade der geängstigte Mensch ist ja Adressat der Heilslehre.
Hierbei ist wichtig, daß sowohl die individuelle als auch die Weltangst einen
Anfang in der Zeit haben, wobei diese historische Dimension der Angst, die eine
uns heute vielfach noch utopisch anmutende Perspektive in Richtung auf die
Möglichkeit eines angstfreien Daseins enthält, den Kündern dieser auf Angst
gegründeten Ideologien verborgen war.
In unserer heutigen, gleichermaßen privatwirtschaftlich-patriarchalisch fundierten Gesellschaftsstruktur finden wir im Modell dieser Weltangst die Wurzeln der sozialen und politischen Angst reproduziert:
Zwang zur bedingungslosen Unterwerfung unter vollendete Tatsachen, die der individuellen Einflußnahme entzogen sind.
Zwang zur Integration in ein dem eigenen Lebensanspruch widerstreitendes Machtgefüge, das ein System von Bedürfnissen und -befriedigungen anbietet, von denen das Individuum existentiell abhängig ist.
So sind z.B. Konzentrationslager und
Kriege nur verdichtete Modellsituationen für die angsterzeugende, vielfach kaum
durchschaubare Repression innerhalb der spätkapitalistischen Gesellschaft
überhaupt.
Die durch das Gesamt dieser Umstände aufgezwungene Angst stellt ein Befriedigung
forderndes Gewohnheitspotential bereit, das unter äußerlich geregelten
Bedingungen nur selten Gelegenheit findet, in die kollektive Erlebnisqualität
der Massenpsychosen und sado-masochistischer Gewaltentäußerungen umzuschlagen.
Dieser allgemeinen Tendenz massenpsychologisch gebundener Angst, die sich
ungestraft nur unter dem Vorzeichen des Völkermords und der obrigkeitsstaatlich
legitimierten Verfolgung von Minderheiten äußern kann, stehen in den sogenannten
Friedenszeiten lediglich die zur Stimulierung und Kanalisierung gleichermaßen
geeigneten Regelsysteme einer auf Angstgenuß essentiell angewiesenen
Surrogatindustrie gegenüber, deren marktwirtschaftliche Bedeutung
ersichtlicherweise ständig weiter zunimmt: s. Kriminalliteratur,
Grusel-(film)industrie etc.
Beschränkt sich die Verwunderung auf
diese freilich ephemeren Resultate altehrwürdiger Zwangssysteme unserer
Gesellschaft, so kann sich etwa folgendes Bild ergeben: "Weit entfernt, Angst
als eine Not zu meiden und die Befreiung von ihr zu begrüßen, scheinen viele
Menschen sie als ein unentbehrliches Bedürfnis zu empfinden." (R. ALEWYN)
Eine durch Moral und Erziehung hinsichtlich der Fähigkeit genitaler
Triebbefriedigung psychisch verkrüppelte Leistungsgesellschaft kann sich eben
nur des Genusses von Angst bedienen, um sich eine der sexuellen Vorlust
vergleichbare Sympathicuserregung zu konzedieren (vgl. A. PLACK, R. REICHE).
Der hiermit bezeichnete biologisch-soziale Zusammenhang zwischen Angst und sexueller Vorlust, wobei diese beiden Gegensatzpaare in dem Überwiegen der Sympathicusspannung dialektisch identisch sind, macht verständlich, warum literaturkundige Todesfälle durch Angst in Situationen auftreten können, die keine adäquate Bedrohung von außen erkennen lassen. Die Skala erstreckt sich vom sog. Coronartod sich nicht im Einsatz befindlicher Soldaten (F. BÜCHNER), dem Angsttod durch den Zauberspruch eines Stammesmitgliedes, den das betroffene Individuum vor Eintritt des Ereignisses so wenig ernst genommen hatte wie ein aufgeklärter Europäer (C. LÉVI-STRAUSS), dem Tod eines Studenten, der sich für einige Stunden einsperren ließ, um seiner (phobischen) Ängste Herr zu werden (W. BITTER), Todesfälle während des Sexualaktes bis hin zum Tod infolge von Alpträumen.
Das Spezifikum extremer Steigerung
der Sympathicusspannung hat charakteristische körperliche Begleitsensationen und
Ausdrucksformen: Beklommenheit, Oppressionsgefühle, beschleunigte und vertiefte
Einatmung, gelegentlich verbunden mit dem Gefühl, ersticken zu müssen,
dranghafte Unruhe mit Einengung und Trübung des Bewußtseins, Überwiegen der
wässrigen Phase der Drüsensekretion usw. Daß diese körperlichen
Begleiterscheinungen bei Angst und sexueller Vorlust identisch sind, kann als
bekannt vorausgesetzt werden.
Manifestiert sich dieser psychosomatische Phänomenkomplex vorwiegend als Angst,
so kann sie die Funktion eines Gefahrensignals übernehmen, die Auslösefunktion
einer Schreckstarre bis hin zur unter Umständen tödlichen Notfallreaktion (W.B.
CANNON).
Hierbei löst Angst einen Krampf bestimmter Abschnitte des Blutgefäßsystems aus,
wobei es im weiteren Verlauf zu irreparablen Schäden kommen kann.
Überhaupt scheint eine sich ständig
steigernde Angst nur auf dem Weg eines spastisch bedingten Zusammenbruchs der
zentralnervösen Funktionen zur Lösung kommen zu können. Umgekehrt ist zu
beobachten, daß chronische Angstzustände verschwinden, wenn es zu bleibender
Verengung von Blutgefäßen (fixierte Bluthochdruckkrankheit), Engstellung der
Bronchien bei der Ausatmung (Asthma bronchiale), entzündlicher Verengung des
Schlundes (Angina tonsillaris) gekommen ist.
Die häufig im Anfall wiederkehrende Angst ist dann Folge des Organleidens.
Diesbezügliche Diskussionsbeiträge liefern Sozialmedizin und Psychosomatik.
Unter prinzipiell gleichen pathophysiologischen Bedingungen werden Angstanfälle
bei hormonellen Störungen beobachtet (Phäochromocytom, Gelbe-Zellen-Carcinoid).
Aufgrund der vorausgehenden Analysen stellt sich uns Angst dar als Funktion des dialektischen Spannungsverhältnisses zwischen einer durch Enge, Spannung und Rückstau gekennzeichneten Strukturänderung des biologisch-physiologischen Organismus und dem Befriedigung und Lust versagenden Milieu.
Wird der Widerspruch nach der Seite
einer Optimierung der Lebensbedingungen gelöst, so kommt es erst gar nicht zur
Ausbildung einer Angstbereitschaft. Im Regelfall jedoch sind Angst und Enge im
Sinne der vorstehenden Ausführungen haltlos ineinander umschlagende und
wechselseitig sich vertretende Alternativen, deren unendliche Dialektik
letztlich nur die Perspektive der physischen Vernichtung offen läßt.
Regrediente Lösungen der letztgenannten Dialektik sind u.E. gegeben, wenn es
sich um Zustände von Nirwanaseligkeit und Todessehnsucht handelt, um
unio-mystica- und Kamikaze-Ekstatik aller Spielarten, nicht zu vergessen den aus
der Angst/Enge-Dialektik häufig resultierenden Selbstmord (vgl. praesuicidales
Syndrom, RINGEL), wobei es sich ebenfalls um die Folge realer Versagung des
Anspruchs auf Bedürfnisbefriedigung hinsichtlich Lustgewinn und Stillung des
Hungers durch die herrschende Gesellschaftsordnung oder sonstige Einflüsse der
Welt handelt.
Wir können auch nach wiederholter Auseinandersetzung nicht beipflichten, wenn die derzeit herrschende Ideologie mit BLANKENBURG (persönliche Mitteilung) Formen echter Bewältigung von Angst dort zu sehen glaubt, wo sich nach Maßgabe der realen Verhältnisse nur der Weg der Revolution als Möglichkeit einer Beseitigung der Verelendung des Menschen durch seinesgleichen anbietet.
Die Voruntersuchung des aktuellen und
historischen Problemstandes hat gezeigt, daß Angst im allgemeinen Bewußtsein zu
Unrecht als unabänderlich gegebenes Faktum figuriert, sei es, weil ihre
geschichtliche Dimension, somit die Möglichkeit ihres Verschwindens aus der
Individualgenese nicht bemerkt wird, sei es, daß man den sich aufdrängenden
Konsequenzen ausweicht, wenn es darum geht, auf die Spitze des Gedankens
gestellt, die implizit revolutionäre Praxis eines angstfreien Daseins auch nur
zu bedenken.
Auch der weniger Kundige mag hierin den Index einer durch Angst gesteuerten
Denkhemmung erahnen.
Die Analyse der dialektischen
Widersprüche zentrierte sich um den Befund einer Bereitschaft des Organismus,
mit Enge, Spannung und Stauung zu reagieren, wobei es sich um die Momente dessen
handelt, was als Angstbereitschaft bezeichnet wird, und worin die unabdingbare
Voraussetzung des Wirksamwerdens von Angst überhaupt zu sehen ist. Dabei liegt
die Wurzel des dialektischen Hauptwiderspruchs in der Umwelt, von der die Lust
und Befriedigung ausschließende Gefahrendrohung ausgeht. Die
biologisch-physiologische Verankerung der Angstbereitschaft in den vitalen
Strukturen des Organismus begründet die Dialektik von Angst und Enge im Sinne
eines Alternierens zwischen den Extremen körperlich-leiblicher Enge und deren
psychischer Ausdrucksform Angst.
Diese beiden dialektischen Widersprüche stehen im Verhältnis gegenseitiger
Wechselbeziehung, d.h. die Sozio-Pathologie der Angst (dialektischer
Hauptwiderspruch) und die (Patho-)"Physiologie der Angst" (W. REICH) bilden eine
weitere dialektische Einheit.
Nachdem philosophischerseits bei
HEGEL eine Dialektik der Angst im Sinne unserer Ausführungen vorliegt, muß die
naturphilosophische Fassung dessen, was wir empirischerseits als
biophysiologische Verankerung der Angst bezeichnen, besonders interessieren.
Für den HEGEL der "Phänomenologie des Geistes" ist Angst gleichbedeutend mit
"Erzittern". Dieser Terminus bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die
völlige Entsinnlichung des physischen Körpers, dessen räumliches Auseinandersein
seiner Teile, dessen "innere Räumlichkeit" in das "Zeitlichgesetztwerden"
umschlägt. Dieser Umschlag als Negation der "inneren Räumlichkeit" nimmt dem
Körper jedoch zugleich auch die Existenz in der Zeit, denn das "Erzittern"
begründet eine "unkörperliche Leiblichkeit", die ebenso wie Ton und Klang
bereits in ihrer Entstehung ihr Verschwinden ist (Bd.9, 232f; Bd.10, 146f; Bd.3,
127f).
Angst stellt somit bei HEGEL, terminologisch gefaßt als "Erzittern", den Ausdruck für die gebremste Vernichtung (Negation der Negation) des sinnlichen Daseins in Raum und Zeit dar. Diese auch von HEGEL für notwendig gehaltene Entsinnlichung im Vollzug der menschlichen Entwicklung hat nach ihm den historischen Kulminationspunkt in den auch von ihm nur mit Vorbehalt geschätzten mittelalterlichen Zweikampfsituationen bereits überschritten (Bd.10, 285), erweist sich aber noch immer als Fundament jeglicher Bildung zum "freien" Staatsbürger ("Phänomenologie", 150; Bd.10, 282f).
Dieser Standpunkt HEGELs muß im Zusammenhang mit der zu seiner Zeit gültigen Empirie verstanden werden. Er ist durch die in der Folgezeit immer stärker in Erscheinung getretene Hinwendung der Aufmerksamkeit auf die durch Vernachlässigung der körperlich-leiblichen Bedürfnisse resultierenden Schäden an Gesundheit und Lebensanspruch überholt.
Nach vollzogener Entmystifizierung stellt sich die Frage nach der Beseitigung der Angst. Es genügt nicht mit MARX (vgl. "Frühschriften") zu postulieren: "Die Bildung der fünf Sinne ist die Arbeit der bisherigen ganzen Weltgeschichte. Der unter dem rohen praktischen Bedürfnis befangene Sinn hat auch nur einen bornierten Sinn"; ebensowenig wie es genügt, mit FREUD Angst als Gegenspieler der (sexuellen) Libido zu beschreiben.
Vielmehr "bleibt noch zu beweisen, daß die "nicht bewältigbaren destruktiven Antriebe", denen das Leiden der Menschen zugeschrieben wird, nicht biologisch, sondern gesellschaftlich begründet sind, daß es die Hemmung der Sexualität durch die autoritäre Erziehung ist, die die Aggressivität zu einem nicht bewältigbaren Anspruch macht, indem sich gehemmte Sexualenergie in Destruktivität umsetzt. Und die nach Selbstzerstörung aussehenden Tatsachen unseres Kulturlebens sind nicht Erscheinungen von "Selbstvernichtungstrieben", sondern von sehr realen destruktiven Absichten einer an der Unterdrückung des Sexuallebens interessierten Schicht der privatwirtschaftlichen Gesellschaft." (W. REICH)
II Empirische Aspekte
Angst: indog. Wurzel: angh – Enge, gr.: agko – ich würge, lat.: angor, anxietas, angustia.
Angst ist allgemein ein komplexer Gefühlszustand, der akute und chronische Erlebnisformen, Furcht und Schreck in sich befaßt. Zwar ist die Unterscheidung zwischen (frei schwebender) Angst und (objektgebundener) Furcht (K. JASPERS) in der Theorie weithin üblich. Die Praxis und der allgemeine Sprachgebrauch folgen dieser Unterscheidung jedoch nicht.
Es gilt auch zwischen Angst und Unlust zu unterscheiden, besonders weil das Ausdrucksverhalten beispielsweise beim Neugeborenen diese Unterscheidung kaum nahelegen dürfte. Zu beachten ist auch, daß Schmerzsensationen, Hunger und Durst nur dann zu Angstzuständen führen, wenn die (erworbene) Bereitschaft, mit Angst zu reagieren, vorhanden ist. W. REICH stellt diese Zusammenhänge folgendermaßen dar: "Angst ist ... immer der einzig mögliche erste Ausdruck einer inneren Spannung, gleichgültig, ob diese durch eine Behinderung des Fortschrittes zur Motilität oder der Bedürfnisbefriedigung von außen, oder durch eine Flucht der Energiebesetzungen ins Innere des Organismus zustandekommt. Im ersten Fall haben wir es mit Stauungs-Angst oder Aktual-Angst, im zweiten Falle mit Real-Angst zu tun, in welch letzterem Falle mit Notwendigkeit ebenfalls eine Stauung durch Angst erzeugt wird.
Es lassen sich also beide Formen (Stauungs- und Real-Angst) auf ein Grundphänomen zurückführen, auf zentrale Stauung der Energiebesetzungen; nur ist die Stauungs-Angst ihr unmittelbarer Ausdruck, während die Real-Angst zunächst nur eine Erwartung von Gefahr bedeutet, die sekundär zur affektiven Angst wird, wenn sie durch Flucht der Besetzungen ins Innere … in Form des Sich-in-sich-selbst-Verkriechens … eine Stauung am zentralen und vegetativen Apparat herbeiführt."
Weiterhin kennzeichnet dieser Autor Angst als den ersten und ursprünglichsten Ausdruck einer narzißtischen Flucht vor der Unlust, die die Außenwelt bedeutet, zurück ins Ich. Sie steht in einem funktionellen Gegensatz zur Sexualität, die eine Strebung in Richtung der Außenwelt darstellt, und im Gegensatz zur Angst als Lusterregung der spezifisch produktive Prozeß im biologischen System ist. "Alle anderen Affekte wie Unlust, Ärger, Angst, Druck sind dem (gemeint ist der produktive Prozeß, Verf.) energetisch entgegengesetzt und stellen daher lebensnegative Funktionen dar. Der sexuelle Lustprozeß ist somit der Lebensprozeß schlechthin. Das ist keine Façon de parler, sondern eine experimentell erwiesene Tatsache … ." Bei der Angst wird "die Energiequelle im Zentrum durch den Rückzug der Erregung von der Peripherie gestaut und derart das subjektive Empfinden der Beklemmung (angustiae) erzeugt" ("Funktion des Orgasmus", 325f; "Charakteranalyse", 282f).
Die Spezifität des Angsterlebnisses
in Form eines Beengtseins wird auch in folgender Gegenüberstellung deutlich:
Während Verzweiflung und Trauer durch einen bestimmten Verlust mit dem Gefühl
der Leere verbunden sind, ist Angst die mit den Erlebnisqualitäten des
Drohenden, Unheimlichen und Betroffenseins zum Bersten angefüllte Enge einer
erwarteten Gefahrensituation (G. BALLY).
Angst ist in der klinischen Psychopathologie ein ubiquitäres Phänomen und findet
sich sowohl bei körperlich begründbaren Psychosen (Alkoholdelir, epilept.- und
Involutionspsychose u.a.), als auch bei endogenen Psychosen (Schizophrenie,
Melancholie, Manie u.a.); der Neurosentypologie zugehörige Störungen können
ausnahmslos durch Angst mitgestaltet sein (H.J. WEITBRECHT).
Angst gehört zu den "Leitgefühlen bei inneren Konfliktreaktionen und
erlebnisreaktiven Entwicklungen" (K. SCHNEIDER). Als Leitsymptom findet sie sich
jedoch auch bei etwa 20% aller depressiven Psychosen. "Vitale Angst"
(LOPEZ-IBOR) bezeichnet ein eigenartiges Leibgefühl, das diffus in verschiedene
Körperpartien, besonders Herz und Brust lokalisiert, oder als Enge, erdrückende
Last u.a. geschildert wird.
Tiefenpsychologisch läßt sich Angst als Folge von Abhängigkeitsverhältnissen
erarbeiten, wobei im allgemeinen vier Grundformen der Angst an Grenzfällen und
Normabweichungen des normalen Persönlichkeitsgefüges zur Darstellung kommen.
Es handelt sich (F. RIEMANN) um
die schizoide Persönlichkeitsstruktur mit Angst vor Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt;
depressive Struktur mit Angst vor Verselbständigung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt;
zwanghafte Persönlichkeit mit Angst vor der Verwandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt;
hysterische Persönlichkeit mit Angst vor der Endgültigkeit und Unfreiheit.
In praktischer Hinsicht hat diese Typisierung allerdings keine Bedeutung, denn der Verfasser vermeint, durch Beseitigung der Angst vor der Angst sei den angeführten Störungen beizukommen. Diese resultieren im übrigen seiner Auffassung nach aus der praestabilierten Harmonie (!) eines ein für allemal nach Gesetzen wohlgeordneten und gleichermaßen allseitig von Gefahren durchwobenen Kosmos. S. FREUD unterscheidet Real-Angst vor Gefahren der Außenwelt, Gewissens-Angst vor dem Über-Ich und Trieb-Angst vor der Stärke der Leidenschaften (im Es). Trennung und Überwältigung gelten vermittels der erlebnismäßig korrelierten unbestimmten Todesdrohung als prototypischer Angstauslöser. Umgekehrt können Angstanfälle unbewußte Todeswünsche gegen die Bezugsperson als Ursache haben.
Die Theorie der Angstentstehung durch das Trauma der Geburt (O. RANK, 1924), desgleichen die Hypothese der Ur-Angst und archaischen Angst (S. FREUD, A. FREUD) scheinen der kritischen Beobachtung nicht standzuhalten (vgl. R. SPITZ). Sofern die unbestimmte Todesdrohung im Sinne physischer Vernichtung das auslösende Agens sowohl der Trieb-, als auch der Gewissensangst unter Bezug auf gesellschaftliche Ächtung und deren Konsequenzen ist, wird die von S. FREUD getroffene Unterscheidung inhaltlich fragwürdig, denn Gewalt als menschenzerstörendes "Urgestein" der Gesellschaft ist ebenso real und lebensbedrohend wie ein Blitz im Gewitter (P. BRÜCKNER).
Die in Symptomen als Phobien und Zwangshandlungen gebundene Angst wird von der frei-flottierenden Erwartungs-Angst und von der passager, besonders in bestimmten kindlichen Entwicklungsphasen auftretenden Entwicklungs-Angst unterschieden. Um gebundene Angst handelt es sich auch bei den von S. FREUD als Angstäquivalente beschriebenen Erscheinungen. Angstträume und Angstfantasien entstehen aus der Kollision zwischen verdrängten Wünschen und einem in sich selbst widersprüchlichen Realitätsprinzip, wobei die Zensur des Bewußtseins zum angstauslösenden Unterdrücker wird (vgl. P. SCHNEIDER).
In der Psychologie wird Angst, als Spannungszustand und daher starke Verhaltensmotivation in die komplexen emotionalen Zustände eingereiht, hauptsächlich im Rahmen der Motivationsforschung thematisiert. KRETCH und CRUTCHFIELD betonen die Bedeutung der Bedrohung als wichtigste Bedingung für Entstehung und Auslösung von Angst. In Übereinstimmung mit R. SPITZ deuten sie die sog. Achtmonats-Angst des Säuglings als eine Reaktion auf eine Bedrohung und Trennung beinhaltende Veränderung der gewohnten Umgebung. Zumeist tiefenpsychologisch orientiert, werden in der Entwicklungspsychologie pavor nocturnus, Berührungs-Angst, Verlassenheits-Angst, Formen induzierter Angst zur Darstellung gebracht.
III Philosophischer Teil
Wie die frühchristliche und gnostische Tradition ("Welt-Angst") knüpft auch J. BÖHME seine Ausführungen über die Angst an die biblische Überlieferung in den zahlreichen Angst betreffenden Textstellen im A.T. (vgl. Wortkonkordanz zur Stuttgarter Konkordanz-Bibel). Vor allem aber dürfte für den philosophus teutonicus die im N.T. getroffene Feststellung richtungsweisend für seine philosophische Mystik geworden sein: "In der Welt habt ihr Angst …" (Joh.16, 33). Diese Auffassung basiert auf der Voraussetzung, daß allein die Welt als solche der Grund für das Vorhandensein von Angst ist.
Umgekehrt ist es die Vorbereitung auf den (Kreuzes)Tod, wozu in der neueren Philosophie noch die Hinwendung zu Abgrund, Nichts und Unendlichkeit kommt, womit das Individuum die Hoffnung auch auf das Ende der Angst verbindet. "Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden." So ist nach J. BÖHME jedes, vor allem aber das menschliche Leben in die Angst hineingestellt, es "urständet" sich in der Angst. Insofern bedeutet Angst die Qual der Enge und Bedrängnis, die zugleich "ein Sterben", ein "Nichts" ist, so daß der Mensch, um der Qual zu entkommen, "mit großem Sehnen die Freiheit zur Geburt des heiligen und ewigen Lebens begehren muß" ("Von der Menschwerdung Jesu Christi", II, 4, §1; in "Theosophia revelata", Bd.5; sechs theosoph. Punkte, s.o.).
– Daß diese Problemzusammenhänge aus heutiger Sicht auch einer prinzipiell anderen Deutung zugänglich sind, sei insbesondere im Vorblick auf die Bedeutung von Tod, Nichts usw. in ihrer Beziehung zur Angst hier nur angemerkt: "Bewußte Sehnsucht nach dem Tode, nach Ruhe, nach Nichtdasein ("Nirwana-Prinzip"), kommt nur vor unter der Bedingung sexueller, im besonderen genitaler Unbefriedigtheit und Hoffnungslosigkeit, ist somit Ausdruck letzter Resignation, eine Flucht aus dieser nur unlustvoll gewordenen Realität in das Nichts." (W. REICH) –
Auch für F.W. SCHELLING ist Angst die
"Grundempfindung jedes lebenden Geschöpfs" (in den "Weltaltern"). Sie überfällt
den Menschen insbesondere dann, wenn er versucht, die Schranken der gültigen
Weltordnung aufzuheben. Die philosophische Selbstauslegung der Angst wird hier
offensichtlich durch den Zweifel motiviert, ob man seiner selbst als eines
vernünftigen Wesens Herr ist; durch die Angst vor dem Herrschaftsanspruch der
eigenen geknechteten Natur, die unentwickelt im Dunkel-Chaotischen belassen ist.
Inhalte der Psychoanalyse scheint SCHELLING gleichsam keimhaft vorwegzunehmen,
wenn er die Verwandlung von Lebensangst in die rein geistige Lust der Zerstörung
thematisiert. Unter Bezugnahme auf Bd.3, 381 kommentiert W. SCHULZ hierzu:
"SCHELLINGs einzelne Ausführungen über diese Lust, die er gleichzeitig als die
Angst des Lebens bezeichnet, sind zum Teil abstrus und reden in der dunklen
Sprache von J. BÖHMEs Mystik." Diese Perversion des Geistes entspringe der
angstbedingten Abkehr von Genuß und Wollust. Diese Perversion ist nach SCHELLING
gleichbedeutend mit Grausamkeit, die auf Angst beruht (vgl. Sämtliche Werke,
Bd.8, 339).
Mit Bezug auf den Sündenfall ist auch für S. KIERKEGAARD (vgl. "Der Begriff Angst") das menschliche Leben vom Ursprung her in die Angst hineingestellt. Darüberhinaus hat aber der Mensch die Aufgabe, Angst als "Möglichkeit der Freiheit" zu produzieren. Nur so gelinge es ihm, mit Hilfe der ihm in der Neutralität des gottfernen Naturzustandes noch verborgenen Angst die Ausrichtung seiner geistigen Existenz auf Gott hin zu bewirken. Angst dient hierbei als Mittel zur Erzeugung größtmöglichen Abstandes gegenüber dem Leib (auf die entscheidende Dialektik von Angst und Entsinnlichung wurde eingangs im Zusammenhang mit HEGEL hingewiesen).
Die einzelnen Schritte innerhalb
dieser wesentlichen Zusammenhänge sind hier kurz anzudeuten. Die Unschuld Adams
und die des Kindes sind zugleich Angst, denn es steht hier ein völlig Anderes,
ein Noch-Nicht, das Nichts im Sinne KIERKEGAARDS gegenüber.
"Aber welche Wirkung hat dieses Nichts? Es gebiert die Angst." (40) Nur für das
Tier gibt es keine Angst, es kann sich nur fürchten. Die Angst im Zustand der
Unschuld ist eine "Bestimmung des träumenden Geistes … träumend ist er ein
angedeutetes Nichts … und gehört als solche in die Psychologie hinein" (s.o.).
Auf dieser ersten Stufe verhält sich
der Geist selbst als Angst, indem er beständig das Verhältnis zwischen Seele und
Leib stört, das er andererseits – und dies begründet die als Angst in
Erscheinung tretende Zwiespältigkeit – zu begründen im Begriff ist (42). Das
Verbot der Lust (gegenüber Adam) löst ein Entsetzen aus "und hier ist also
wieder nur die Zweideutigkeit der Angst." (43) Angst wird zur Voraussetzung der
Erbsünde (denn die Sünde und das Sexuelle sollen voneinander untrennbar sein).
Das "Äußerste des Sinnlichen ist gerade das Sexuelle. Dieses Äußerste kann der
Mensch erst erreichen in dem Augenblick, da der Geist wirklich wird." (46)
Wiederum können sich Geist und Sinnlichkeit nur in der Angst begegnen, die das
Noch-Nicht ihrer beiden Momente aktualisiert. Die Angst der Unschuld, sofern sie
sich auf den Unschuldszustand des späteren Individuums bezieht (jenseits von
Adam und Kind), bezeichnet KIERKEGAARD als subjektive Angst. Unter
objektiver Angst versteht er den Reflex der Sündhaftigkeit aller Menschen
seit Adam. (Subjektive) "Angst kann man vergleichen mit dem Schwindligsein.
Derjenige, dessen Auge plötzlich in eine gähnende Tiefe hinunterschaut, der wird
schwindlig. Aber was ist der Grund dafür? Es ist ebensosehr sein Auge wie der
Abgrund; so ist Angst der Schwindel der Freiheit … ." (57)
Auf dem Hintergrund der skizzierten Voraussetzungen wird durch KIERKEGAARD
versucht, weitere Angststrukturen, unterschieden als Angst der Geistlosigkeit,
Angst vor dem Bösen und dem Dämonischen, abzuleiten (vgl. auch "Die Krankheit
zum Tode").
In der Fortsetzung dieser
existentiell-ontischen Betrachtungsweise unterscheidet JASPERS die "Angst vor
der Vernichtung des menschlichen Daseins" und die "Angst existentiellen
Nichtseins" (Bd.2, 226). In der erstgenannten Angstform zu verharren, führt zur
Vernichtung durch den Tod. Sie kann nur durch die Haltung der Tapferkeit
überwunden werden, wobei sie sich in die "Angst existentiellen Nichtseins"
verwandelt: "Aus der Seinsgewißheit der Existenz ist es möglich, die Lebensgier
zu beherrschen und die Ruhe vor dem Tode als Gelassenheit im Wissen des Endes zu
finden". Für JASPERS stehen Angst und Transzendenz in einem schwebenden
Wechselverhältnis zueinander, indem Transzendenz aus der Welt-Angst befreit,
wobei jedoch Angst nicht aufhören darf, da die Transzendenz, um nicht zu einer
objektiven Gewißheit zu erstarren, in die Flüssigkeit der objektlosen Angst
zurückverwandelt werden muß.
"Der Sprung in ein angstloses Sein scheint wie eine leere Möglichkeit: Ich will
springen, aber ich weiß schon, daß ich nicht herüberkomme, sondern nur in den
bodenlosen Abgrund der endgültig letzten Angst versinke. Der Sprung aus der
Angst zur Ruhe ist der ungeheuerste, den der Mensch tun kann. Daß er ihm
gelingt, muß seinen Grund über die Existenz des Selbstseins hinaus haben; sein
Glaube knüpft ihn unbestimmbar an das Sein der Transzendenz." ("Philosophie",
Bd.3, 234f)
Auch M. HEIDEGGER verabsolutiert die
Angst zu einer keiner weiteren Ableitung fähigen Grundtatsache menschlichen
Daseins. In ihr ist der Mensch durchstimmt vom "Geheimnis des Seins", das das
Andere des Seienden ist (existential-ontologischer Ansatz).
"In der Angst, die nicht mit der Furcht verwechselt werden darf, versinkt die
Welt, worin das Dasein alltäglich existiert, in die Unbedeutsamkeit." Sie ist
eine "numinose" Erfahrung, die nicht weiß, "was es ist, davor sie sich ängstigt"
("Sein und Zeit", 186). Sie ist "eine gebannte Ruhe" ("Metaphysik", 1929), "was
beengt, … ist die Welt selbst", wobei das Seiende im Ganzen und somit jeglicher
gewohnte Halt der In-sistenz entgleitet. Den Gewinn bildet die Erfahrung des
"Sein-als-Geheimnis".
Alles übrige (daseinsmäßig Seiende) in das absolute Nichts hineingehalten,
erscheint in der "hellen Nacht der Angst" in voller Befremdlichkeit. Diese Angst
möchte HEIDEGGER dahingehend verstanden wissen, daß es sich nicht um die recht
häufige Form der Ängstlichkeit handelt, sondern um eine der Sphäre des
Gewohnten, der "Verfallenheit an das Man" völlig inkommensurablen
Grundbefindlichkeit.
Für J.P. SARTRE ("L’existentialisme
est un humanisme", 13f) stellt sich das Problem der Angst im Zusammenhang mit
einem die ganze Menschheit bindenden individuellen Akt der Verantwortlichkeit.
"Es handelt sich um eine einfache Angst, die alle, welche Verantwortung gehabt
haben, kennen."
Sie führt nicht zur Untätigkeit, sondern ist vielmehr die eigentliche
Bedingung des Handelns, wenn es darum geht, in Entscheidungssituationen die
Handlungsperspektive für ein Kollektiv etwa dem
Tode ausgesetzter Menschen zu wählen.
Angst füllt hier den Bruch zwischen
"Mitwelt" (Serie) und
"Wir-Sphäre" (Gruppe), in dem der Mensch, "zur Freiheit verdammt", unter
Entscheidungszwang steht.
G.W.F. HEGEL begreift Angst als Folge
gewaltsamer Unterwerfung, die er als Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft
exemplifiziert ("Phänomenologie des Geistes", Verlag Felix Meiners, Hamburg,
1952, 141f). Konstitutiv ist die durch den "Herrn" vermittelte Todesdrohung. Um
Angst im eigentlichen Sinn kann es sich nach HEGEL nur dann gehandelt haben,
wenn das ganze Wesen in sich selbst innerlich erzittert, die "Furcht des Todes,
des absoluten Herrn empfunden", sich in der Angst "innerlich aufgelöst" und
"alles Fixe in ihm gebebt" hat.
Als von der Angst durch und durch infiziertes Bewußtsein kehrt das Individuum
die verinnerlichte Gewalt gegen sich selbst, indem es in der Arbeit des Dienens
eine allgemeine Auflösung "wirklich vollbringt" und die "Anhänglichkeit an
natürliches Dasein" in allen einzelnen Momenten aufhebt; oder es mündet in eine
Gestalt des "unglücklichen Bewußtseins" ein, wird in ständiger Selbstentzweiung
sein immer wieder neu erzeugter Feind, eine "sich bebrütende, ebenso
unglückliche als ärmliche Persönlichkeit".
Diesem "Naturzustand", der die lediglich durch Bedürfnis und Not äußerlich aufeinander bezogenen, somit vielmehr sich gegenseitig abstoßenden Menschen kennzeichnet, da sie im Verhältnis fremder Gewalt unterworfener, geängstigter Objekte zueinander stehen, stellt HEGEL die alle Menschen "innerlich in eins" setzende, dem "Kampf auf Leben und Tod" zu entringende Freiheit gegenüber (Enz. Phän., Stuttgart, 1958, 282).
1968/69, Auftragsarbeit für Philosophisches Wörterbuch
Aus: SPK-Dokumentation Teil 3, 1. Auflage 1977
Die Lage der Welt ist Krankheit. Was tun?
Aber es gibt da eine explosive Mischung aus verpfuschtem Leben und Bewußtsein ...
Das Geheimnis der Krankheit ist die Menschengattung
Unsere Theorie der Revolution (Skizze)
PF/SPK(H), 22.04.2014