SPK/PF(H)
Die italienische Zeitschrift für Politik und Kultur INVARIANTI  hat 1992/93 eine breite politische Diskussion in einem internationalen Kontext über AIDS in Gang gesetzt. Auf Anforderung sandte die PATIENTENFRONT Folgendes in Antwort auf die Frage: „Was ist AIDS?" Diese PF-Perspektive betreffend AIDS wurde in INVARIANTI Nr. 23 (1992-93) veröffentlicht. 1995 wurde diese Stellungnahme auch in englischer Sprache veröffentlicht in dem Buch (vorbereitet mit T. Blake, USA):
    SPK - Krankheit im Recht
    1) Socialist Patients' Collective / Patients' Front   SPK/PF(H)
    2) Post-industrial band SPK
erschienen im KRRIM - Verlag für Krankheit.
AIDS
Es ist zum ersten Mal, daß wir auf AIDS angesprochen werden. Selbstverständlich haben wir die Berichte zu diesem Thema gelesen und aufmerksam hingehört, wenn davon die Rede war. Es kommen ja nicht erst seit sieben Jahren täglich viele Leute zu uns, die nach einer Lösung suchen für ihre mit Ärzten zusammenhängenden Lebensprobleme. Noch nie haben wir jemanden gesehen mit AIDS. In einem Zeitschriftenbericht über ein AIDS-Symposion vor einigen Jahren war angemerkt, daß da einem Teilnehmer, bemüht um praktische Hilfe, auch das lange vorher schon einmal dagewesene Sozialistische Patientenkollektiv wieder eingefallen war, aber nichts außerdem zu unserer Richtung. Dabei ist es geblieben und so kommt es, daß wir jetzt auf die Schnelle keinerlei ausgearbeitete Stellungnahme speziell zu diesem Thema zur Hand haben. Aber wir konnten unsere gelegentlich notierten Einfälle und erste Überlegungen wieder zusammensuchen, die durch sonstige kollektive Vorbereitungen angeregt zustandegekommen waren.
Unser allgemeiner Eindruck ist der eines allgemeinen Eindrucks. Sonst nichts. Da ist was total in den Klauen der herrschenden Ärzteklasse, keine Auskunft, gleichgültig von welcher Seite ist brauchbar und da sind wir, die wir uns längst schon abgekoppelt hatten, und zwar in Ideologie, Sexualität und Ökonomie von den Imperativen und Gebräuchen des Systems. Zur ersten internen Verständigung haben wir zu diesem Thema folglich zwei Parolen gebildet, von denen die erste heißt: AIDS = Arzt in den Sarg, die zweite: AIDS wie Ätsch.
Es gehört aber auch noch ganz zum allgemeinen Eindruck das Signalwort Veränderung. Denn die mit dem Ausdruck AIDS verbundenen Veränderungen sind zu allgemein in ihrer empirischen Verbreitung, um unwichtig zu sein. Nach allem was wir glauben als sicher unterstellen zu können, handelt es sich bei vielen Menschen in den Anfängen darum, daß sie innerhalb weniger Jahre in unüblicher Weise vergreisen und in üblicher Weise sterben (und das bei weitem nicht nur an, von wegen „AIDS" ! - ).
   Zum Vergleich: Milch ist nur keimfrei haltbar, kuhwarm versauert sie schnell. Der Mensch kann zu Veränderungen Stellung nehmen, dann ist er krank. Die Milch nicht, denn bei der Milch geht es um Praktiken der Ansteckung und der Ansteckungsverhinderung, nicht um Krankheit im Selbstverhältnis. Was AIDS genannt wird ist eine Veränderung außer Verhältnis, eine absolute Veränderung also, aber außer Verhältnis auch zu Krankheit. Nach diesem allgemeinen Eindruck ersetzt das AIDS die Krankheit und die Revolution, und was bei diesem Ersatz herauskommt, ist ausschließlich für den Arzt. Deshalb auch können wir bis jetzt nicht einmal sicher sagen, ob das mit AIDS Bezeichnete überhaupt zur Krankheit gehört. Am ehesten vielleicht schon für manche aus der Ärzteklasse, die darauf so reagieren als bekämen sie etwas von Krankheitskraft zu spüren. Diese paar Ärzte sind es dann, die in Besorgnis um den eigenen Ärztestatus und die Erhaltung dieser Klasse überhaupt, Patienten dahingehend beraten, z.B. nicht zum Augenarzt zu gehen und lieber auf einem Auge blind zu werden, als ein "verseuchtes Transplantat" zu erhalten; nicht zum Zahnarzt zu gehen, weil verseuchte Blutgerinnungsmittel im Umlauf seien. Das will aber überhaupt nichts heißen. Es ist höchstens dies, daß die Ärzteklasse auch in dieser Sache Weltiatrokratie bleibt, längst bevor es eine Patientenklasse auch nur gibt, zu deren kunterbunt zusammengewürfelten Anfängen auch wir uns rechnen. Die Patienten von sich aus haben ja zu keiner Krankheit ein Selbstverhältnis, das kein ärztliches ist, und sie haben auch kein Verhältnis zum Krankheitsbegriff überhaupt. Erst recht nicht zu der 'AIDS' genannten Sache, folglich.
Nur in zwei Fällen sind Leute gekommen, und zwar wegen ganz was anderem, wobei es allerdings um Befürchtungen in Richtung AIDS gegangen war. Die eine Frau fürchtete, ihre Kinder anzustecken, hätte gleichzeitig aber gern auch mal AIDS gehabt, nämlich sich selbst mal gern "diese Lebenserfahrung" gegönnt. Die andere hatte sich Jahre vor dem Bekanntwerden von AIDS eine Schwangerschaft von einem niedergelassenen Frauenarzt beenden lassen, von dem sie nicht ausschließen konnte, daß er "ein Homo" gewesen sei und zu dem sie gerade deshalb als Frau Vertrauen gehabt habe.
Wir haben den beiden erst einmal nichts ausgeredet, nichts eingeredet, sondern nach Ermittlung der Entstehungszeiten jeweils das gemacht, was man sonst ein Horoskop nennt. Dann haben wir ihnen in Begriffen der Krankheit erklärt, daß und warum sie aus Sicht der Sterne und nach der sogenannten Rhythmenlehre des Münchner Astrologen Wolfgang Döbereiner zwar zu den Zeiten, als ihnen das mit ihrem AIDS aufgefallen war, unter revolutionären Veränderungsanforderungen gestanden hatten, ihre Ängste, Phobien und verqueren Wünsche also durchaus begründete gewesen waren, daß und warum aber dennoch in ihrem jeweiligen besonderen Fall keine diesbezüglichen spezifischen Körperveränderungen daraus hätten entstehen können. Wir haben jeder der Frauen die substanziellen Entsprechungen ihres respektiven astropathischen Grundmusters genannt und sie haben sich daraufhin nach eigener Entscheidung das Nötige besorgt, um die Sache in die richtigen Bahnen zu lenken, was zugleich einen Schutz bietet, der ein iatrocidärer ist, und nur darauf kommt es an. Die Skandale mit den Bluttransfusionen waren damals noch nicht bekannt. Der einen dieser Frauen stand übrigens eine der für berufliche Aufsteiger obligaten Zwangsuntersuchungen mit Blutentnahme bevor. Wir haben deshalb ein übriges getan und die Durchführung eines AIDS-Tests nach strengen Gesichtspunkten der Patientenkontrolle organisiert. Das Testergebnis war erwartungsgemäß negativ, hat also unsere astropathische Methode bestätigt. Das Ganze ist schon mehrere Jahre her, und die eine wie die andere Frau geht inzwischen ihren gewohnten Interessen nach und es scheint auch bezüglich des AIDS nichts mehr hinzugekommen zu sein.
Soweit unser gesichertes Wissen zum Thema AIDS, das wir nur insofern als zuverlässig zu kontaktieren, Gelegenheit genommen haben. Abschließend noch folgende Sätze aus unseren Notizen, die vielleicht ebenfalls eine Orientierung sein können:
- Die Lage der Welt ist Krankheit, für Nachschub ist gesorgt. Malaria, Pocken, TBC. AIDS nur Vorbote noch ganz  anderer Seuchen und Plagen.
- Dutzende Burma-Huren per Zyankali getötet von „Sicherheitsbeamten". Aus dieser Pressenotiz kann jeder ablesen, wie es läuft, falls keine Gegenwehr.
- Dialektik von Revolution und Reform: Selbst die, welche die Hoffnung auf die Iacker setzen, endlich Medikamente zu finden, greifen besser die Iacker an. Nur so werden Forschungsvorhaben beschleunigt (vergleiche Lenin zu den russischen Hunger-Komitees).
  Für die PATIENTENFRONT
Huber, SPK/PF(H), WD, Dr.med., ass.prof.