Dortmund
Für Studentinnen und andere Novizen an der
Universität von Osnabrück,
auf Einladung, zu einer Veranstaltung über:
SPK/Patientenfront: Aus der Krankheit eine Waffe machen!
Um uns vorzustellen, fange ich mit einem Beispiel an, wie man aus der Krankheit
eine Waffe machen kann: Wenn ich häufig Kopfschmerzen habe, kann ich
zum Arzt gehen, mich untersuchen - eventuell krankschreiben - und etwas
verschreiben lassen. Hierbei spiele ich eine passive Rolle, der Arzt ist
die bestimmende Person in der Arzt-Patient-Beziehung (Signifikant). Er
bestimmt, was ich als Patient (Bestimmter - Signifikat) mit meiner Krankheit
mache. Der Arzt hat die Macht, darüber zu entscheiden, wann ich mich
krank fühlen darf, und zwar, wenn er mich krankschreibt. Ansonsten
habe ich meine Krankheitssymptome zu unterdrücken (z.B. mit vom Arzt
verschriebenen Medikamenten) und mich den kapitalistischen Produktionsverhältnissen
in Form von Lohnarbeit zu unterwerfen. Wenn ich zum Arzt gehe, unterstütze
ich auf jeden Fall das krankmachende Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnis
unter dem wir leben und ordne mich ihm - hier in Form des Arztes - unter.
In keiner Branche wird so viel Geld umgesetzt wie im Gesundheitswesen.
Wir in der PATIENTENFRONT wollen nicht länger der Illusion
Gesundheit hinterherlaufen, sondern aus unserer Krankheit heraus aktiv
werden, um unseren kollektiven Zusammenhalt zu stärken. Gesundheit
ist ein Selektionskriterium von Ärzten: wer als arbeitsfähig
eingestuft wird und wer den Umsatz und die Forschung der Medizin als unmündiger
Patient fördern soll. Diese Selektion durch Ärzte erreichte einen
Gipfel während des III. Reiches: Auf Drängen der Ärzte ließ
Hitler das Euthanasie-Progamm durchführen (Bestrebungen in diese Richtung
hatte es schon während der sozialdemokratischen (!) Weimarer Republik
gegeben). Menschen, die aufgrund von „Behinderungen“, zumeist wegen so
genannter Geisteskrankheit, nicht mehr für den Kapitalismus verwertbar
waren, wurden von Ärzten selektiert und als „lebensunwertes Leben“
bezeichnet. Daraufhin wurden sie vergast oder ausgehungert. Später
wählten Ärzte dann in den großen Konzentrationslagern zwischen
arbeitsfähigen und zu vernichtenden Menschen aus. Mit KZ-InsassInnen
wurde im Namen der Medizin experimentiert und geforscht.
Auch heute noch wird von Medizinern, oft an so genannten unheilbar
Kranken, im Namen der Wissenschaft, in Psychiatrien und Allgemeinkrankenhäusern
geforscht. Das Euthanasieprogramm ist inzwischen perfekter geworden, von
der Norm abweichende Menschen sollen per Geburtenkontrolle erst gar nicht
auf die Welt gebracht werden.
Aber wieder zurück zu unserem Beispiel: Mit meinen Kopfschmerzen
brauche ich nicht zum Arzt zu gehen, statt dessen kann ich mich fragen,
woher die Kopfschmerzen kommen. Vielleicht spiegeln sich die Unterdrückungsverhältnisse
in meinen zwischenmenschlichen so genannten Privatbeziehungen sehr stark
wider und machen mir Kopfschmerzen. Vielleicht äußert sich die
Entfremdung an meinem Arbeitsplatz so heftig, daß ich Kopfschmerzen
bekomme (z.B. weil mich mein Vorgesetzter ständig anschreit).
Hier sollte ich ansetzen und mich somit zu „meiner“ Krankheit aktiv
verhalten (die progressive Seite meiner Krankheit nutzen), anstatt zum
Arzt zu gehen und mich der reaktionären Seite meiner Krankheit hinzugeben.
Eben: Aus der Krankheit eine Waffe machen!
15. November 1996 SPK/PF(NRW)
Nachträgliche Stellungnahme des AStA Osnabrück: „... politische
Realsatire...“.
Unsere Replik hierauf:
SPK/PF(NRW)
17.1.1997
An AStA-Magazin
Alte Münze 12
49074 Osnabrück
Nachrichtlich: an den Rektor der Universität Osnabrück
Betr.: AStA-Magazin, 4. Quartal 1996, S. 26, „Politische Realsatire“
Selektion - was ist das? Näheres siehe in unserem Artikel
(hier nochmal beigeschlossen). Auch deutsche Studenten sollten was wissen
und gerade dies, wenn sie ins Ausland kommen.
„Solche Spinner gibt es auch noch“, so haben verschiedene Kommilitonen
den Begleittext verstanden, den Sie der Veröffentlichung unseres SPK-Veranstaltungsflugblatts
vorangestellt haben. Implizit geht es um nicht mehr und nicht weniger als
dies, nämlich daß Sie unterstellen, der Sachverhalt: 275 000
wehrlose Patienten, gemeuchelt von Ärzten auf Empfehlung und unter
dem Beifall der internationalen Ärztemafia (Nürnberger Gesetze
1935), und Hitler nur deren oberster Henkersknecht, dieser Sachverhalt
sei das „Prachtexemplar“ einer „politischen Realsatire“.
Es gibt also noch viel nöchere Spinner, Sie zum Beispiel. Noch
spinnen Sie munter weiter, nachdem das Nazitum, Marke Rassenhygiene buchstäblich
erst kürzlich wieder lichterloh aufgeflammt ist. Noch spinnen Sie
weiter, nachdem Ihre Brötchengeber, die Parteinachfolgeorganisationen
des NS-Reichs ein halbes Jahrhundert lang jede sogenannte Vergangenheitsbewältigung
eher sabotiert als auch nur fingiert haben. Noch und nöcher sind Sie
es, deren Richtung versucht, sich an der 1000jährigen Schande vorbeizuspinnen:
Auftakt 275 000 wehrlose Patienten, gemeuchelt von Ärzten auf Empfehlung
und unter dem Beifall der internationalen Ärztemafia (Nürnberger
Gesetze 1935), und Hitler nur deren oberster Henkersknecht. Kriegsbeginn
war also schon lange, lange vor Kriegsbeginn, Jahrzehnte, wo nicht
Jahrhunderte, Jahrtausende früher.* Noch und nöcher sind
und bleiben Sie paar wenige vom AStA-Theater gewiß noch lange keine
Ausnahme-Spinner, wenn Sie, nach unserem Artikel, nun auch noch diese unsere
Zeilen in Ihrem Uni-Blatt veröffentlichen. Studierende sind immer
dankbar für Abwechslung, varietas delectat. Der zu erwartende Unterhaltungseffekt
ist bei „Spinner“ um so größer, je weniger bekloppt die jeweiligen
Adressaten sich vorkommen. Frappant ist auch bekloppt. Frappierend, was?!
Wer ist schuld, wem einzig und allein haben Sie Ihr bißchen Lebensglück
bis heute noch zu verdanken? Dem guten Hausarzt, der Sie noch nicht per
Zwangseinweisung in die Klapsmühle verfrachtet hat. Denn zu dem gehen
Sie ja, laut Selbstbekunden, regelmäßig hin. Die Zahl der seit
1945 ärztlich gemeuchelten Patienten übersteigt nämlich
jene von anno dazumalen (275 000 s.o.) auch ohne neue „Nürnberger
Gesetze“ um Zehnerpotenzen.
Realsatire? Sie Herrenwitzbolde. Vielleicht werden auch Sie mal mit
Adolf Eichmann „lachend in die Grube springen“. Wer lebt, wird sehen.
Antwort des Rektorats und des AStA Osnabrück: Bis heute, ein
Jahr später, kein Wort mehr.
* „Die
Unterwühlung der Menschheit
durch die MEDIZIN ist geschichtlich seit langem bekannt. Auch der geschichtlich
kaum Gebildete kann diese Tatsachen nicht übersehen: Er wird ja fortgesetzt
auf diese Tatsachen gestoßen! Geschichte ist
Medizingeschichte! Artzt
oder Unartzt ist Geschichte!“
(Richartz, schon 1969, im SPK übrigens noch völlig unbekannt)
und:
... „Medizin ist Schreckensherrschaft.“
(Klartext: Medizin ist Terrorismus, kein anderer Terror zählt.
Beweis: sonst wäre Terrorismus nicht Terrorismus, also
Terror und nichts außerdem, die Medizin; auch nach Richartz.)
Die erstmalige Kriegserklärung und ihre praktische Durchführung
als SPK gegen alles Ärztliche hat also keine Vorläufer, auch
nicht in Herrn Richartz, der sich, glücklos genug und übergenug,
noch auf das Schriftstellern beschränken mußte, wie übrigens
noch viele andere, samt so genannter Antipsychiatrie und sonstwas. Merke:
Schriftstellern allein bringt gar nix, schadet sogar, weil es bis heute
sogar noch „Linken“ hilft, solche isolierte Schriftsteller als „Phantasten“
und „fast paranoid“ anzuprangern. So geschehen beispielsweise erst neulich
wieder durch einen Herrn Chotjewitz in der Zeitschrift „Konkret“
über Richartz’ „Tod den Ärtzten“. Schriftstellern und
lesen allein kann schädlich sein; denn es herrscht immer noch
Krieg ... mitten im schönsten Frieden sogar. Die Stimme der Krankheit
(Patientenstimme) stört eben diesen Krieg ganz gewaltig, aber niemandes
Frieden, wenn es mal kein fauler Frieden ist. Mit den Stimmen der Krankheit,
nicht mit den Wählerstimmen und nicht mit dem Schriftstellern und
Lesen fängt etwas an, praktisch zu werden, das stimmt. Stimmt’s? Oder
stimmt was nicht? Vieles stimmt nicht und bleibt viel zu unbestimmt. Aus
stimmen muß be-stimmen werden, in dem Krankheit kein Versagen mehr
ist, sondern endlich das alleinige Sagen hat gegen alles Ärztliche,
gegen alles HEIL und Heilen, das schon immer eine Saga war, „die Unterwühlung
der Menschheit“ (Richartz), und nichts außerdem. Keine andere Verfassung
als die in Krankheit verfaßte Welt, gegen diese bestehenden iakapistischen
Weltverhältnisse, schützt vor dieser alles unterwühlenden
Weltmacht Medizin verfassungskonform - .